Diebstahl Magere Beute für Tankstellenräuber
Die Zahl der Überfälle auf Tankstellen geht in Sachsen-Anhalt seit einigen Jahren zurück. Täter erbeuten oft nur wenige hundert Euro.
Magdeburg l Als die Mopedbesatzung am 29. September dieses Jahres um 0.45 Uhr auf dem Tankstellengelände den Shop mit Helm betritt, rufen die zwei Männer: „Das ist ein Überfall!“ Alles geht sehr schnell. Während einer der beiden die Kassiererin hinter dem Tresen mit einem Messer bedroht und in die Kasse greift, schnappt sich der Komplize mehrere Schachteln Zigaretten aus dem Regal. Dann flüchten die mit Helm maskierten Männer.
Die Polizei ist angesichts eines vorhergehenden Raubes an einer Tankstelle am Vortag sensibilisiert und sehr schnell zur Stelle. Im Süden der Stadt hatte ebenfalls eine Mopedbesatzung Geld und Zigaretten entwendet. Die im aktuellen Fall informierte Polizei entdeckt die Flüchtenden ganz in der Nähe und nimmt die Verfolgung auf. An einer Kreuzung kommt es zu einem Auffahrunfall.
Die Diebe stürzen mit dem Moped. Während ein 22-Jähriger gefasst wird, ist der andere noch flüchtig. Sein Name konnte nach Volksstimme-Informationen inzwischen ermittelt werden. Er ist aber unbekannten Aufenthalts. Beide müssen sich nun wegen schweren Raubes verantworten. Der 22-Jährige befindet sich in Untersuchungshaft. Polizeisprecherin Ilona Wessner: „Aktuell wird geprüft, ob noch weitere Überfälle auf das Konto der beiden gehen.“
Nach einer Umfrage der Volksstimme unter den vier Polizeiinspektionen im Land gab es in diesem Jahr zwölf Überfälle auf Tankstellen – sieben allein im Bereich Magdeburg, drei in Dessau, einen in Halle und einen in Stendal. Nach Angaben von Michael Klocke vom Landeskriminalamt registrierte die Polizei im gesamten vergangenen Jahr ebenfalls zwölf solcher Überfälle. Im Jahr davor waren es noch 17 und vor fünf Jahren 20.
Nach Angaben von Klocke sind in den vergangenen zwei Jahren drei von vier Taten aufgeklärt worden. Im Jahr 2015 war es nur jede zweite.
Unter den in den vergangenen fünf Jahren ermittelten 63 Tatverdächtigen waren nur drei Frauen.
„Vor allem ist auffällig, dass die Beute bei den Überfällen gering ist“, so der LKA-Sprecher. Im Durchschnitt der letzten fünf Jahre haben Räuber pro Überfall 750 Euro erbeutet. Demgegenüber stehe ein hohes Risiko erwischt zu werden und eine lange angedrohte Haftstrafe. „Solche Verbrechen können sehr schnell auch tödlich enden“, so Klocke.
Den bundesweiten Rückgang der Überfälle auf Tankstellen führt Herbert W. Rabl, Sprecher des Tankstellen-Interessenverbandes, vor allem auf die bessere sicherheitstechnische Ausrüstung der Tankstellen zurück. Er sagt: „Das Risiko erwischt zu werden, ist immer höher geworden.“ Die Sicherungssysteme, wie Nachtschalter, umfangreiche Videoüberwachung und Tresorsysteme mit Zeitschaltuhren haben ganz offensichtlich Wirkung gezeigt.
Nach einer Statistik des Bundeskriminalamtes gingen diese Überfälle von 1256 im Jahr 2003 auf inzwischen 587 im vergangenen Jahr zurück.
Rabl sagt, dass die Sicherheit an Tankstellen „sehr groß geschrieben“ werde. Viele Tankstellen arbeiten inzwischen sogar fast vollständig bargeldfrei, weil ein Automat die Wechselgeldausgabe übernimmt. „Das Geld verschwindet dann gleich im Safe“, sagt er.
„Wenn eine Tankstelle eine hohe Kundenfrequenz hat, ist sie seltener betroffen“, meint ein 45-jähriger Tankstellenpächter aus Magdeburg. Er möchte namentlich nicht genannt werden. Seine Angestellten habe er angewiesen, dass, egal was auf dem Gelände passiert, niemand den sicheren Nachtschalter verlässt.
„Es könnte ja ein Unfall simuliert werden. Wir rufen in solchen Fällen dann per Notruf die Polizei“, sagt er. Zudem werden bei ihm die Kassen regelmäßig ab einer bestimmten Summe sofort abgeschöpft. Über ein Rohrpost-System landen die Gelder in einem Tresor mit Zeitschaltsystem. „Da ist einfach nichts zu holen. Die Beute ist mickrig“, sagt er. Zudem nutzten in den vergangenen Jahren immer mehr Kunden die Möglichkeit der Kartenzahlung.
