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Doppelte Förderung Rechnungshof rügt Chaos bei Fördermitteln

In Sachsen-Anhalt wird die Vergabe von Fördermitteln unzureichend kontrolliert. Der Landesrechnungshof fordert eine zentrale Datenbank.

25.07.2017, 06:13

Magdeburg l Jahrelang hat das Kinder- und Erholungszentrum in Güntersberge (Landkreis Harz) Hunderttausende Euro Fördermittel kassiert, um Camps für Jugendliche zu veranstalten. Was die Landesbehörden nicht wussten: In 18 Fällen wurden Leistungen an verschiedenen Stellen mehrfach abgerechnet. Erst 2014 flog der Betrug auf.

Hätte die Landesregierung die Fördermittel ordentlich registriert, wäre eine solche Doppelförderung nicht passiert. Denn im Gegensatz zu Sachsen oder Hamburg gibt es in Sachsen-Anhalt keine zentrale Datenbank, mit der die Vergabe öffentlicher Gelder erfasst und kontrolliert wird – und das, obwohl der Landesrechnungshof diese bereits 2006 angemahnt hat.

Trotz Beschlüssen von Landtag und Regierung ist bis heute nichts passiert. „In 40 Prozent der Fälle werden die Programme weiter händisch in Excel-Tabellen oder irgendwelchen Bastler-Modellen eingetragen“, kritisiert Rechnungshofpräsident Kay Barthel.

Landesweit beschäftigen sich 14 Dienststellen und 50 Referate mit dem Thema Fördermittel: in verschiedenen Systemen, ohne Datenaustausch, es gibt nicht einmal ein zen-trales Namensverzeichnis der Empfänger. „Das Risiko, dass es dadurch zu Doppelförderungen und Fehlverwendungen kommt, ist hoch“, sagt Barthel. Die Förderung im Land gleiche „einem schwarzen Loch“. Laut dem Rechnungshof gibt es keine Stelle, die einen Gesamtüberblick über die Empfänger der mehr als 300 Förderprogramme hat. „Es ist nicht möglich, verlässliche Daten zu finden“, sagt Barthel.

Die Opposition im Landtag macht Druck. „Das ist peinlich und fatal. Wer Fördermittel ausreicht, muss auch den Einsatz der Gelder kontrollieren“, kritisiert Kristin Heiß (Die Linke). Auch die AfD sieht das so. Der parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion, Robert Farle, sagt: „Dass seit zehn Jahren nichts passiert ist, zeigt den Zustand unserer Verwaltung. Wenn jeder für sich werkelt, geht sehr viel Geld verloren.“

Auch der Rechnungshof vermutet, dass die Ministerien die Einrichtung einer Datenbank blockieren. Eine Zentralisierung ginge womöglich mit dem Verlust von Einfluss einher. Mehr als eine Milliarde Euro reicht die Regierung jährlich aus – das ist etwa ein Zehntel des Landeshaushalts.

Wie das Finanzministerium auf Anfrage der Volksstimme bestätigte, werde derzeit in einer „interministeriellen Arbeitsgruppe“ an der Einrichtung einer Förderdatenbank gearbeitet. „Dieses komplexe Unterfangen ist in den letzten zwei Wahlperioden gescheitert“, räumt das Haus von Minister André Schröder (CDU) ein. Dies solle sich nun ändern. Für Einrichtung und Betrieb der Datenbank sind aktuell mehr als drei Millionen Euro eingeplant.