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Ehrenamt Freiwillige versüßen das Leben

Zum Tag des Ehrenamtes werden am Sonnabend rund hundert Ehrenamtliche in der Staatskanzlei in Magdeburg empfangen.

Von Matthias Fricke 02.12.2017, 00:01

Burg l Zum Internationalen Tag des Ehrenamtes empfangen am Sonnabend Ministerpräsident Reiner Haseloff und Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch (beide CDU) rund hundert auserwählte Frauen und Männer in der Staatskanzlei zum gemeinsamen Festessen. Damit soll ihre Arbeit stellvertretend für Zehntausende im Land vom Feuerwehrmann bis zum Trainer oder Schiedsrichter im Sportverein geehrt werden. Die Frauen und Männer engagieren sich in der Bildungsarbeit, in der Flüchtlingshilfe, im Sport, im kirchlichen, sozialen und karitativen Bereich sowie der Politik. Weltweit wird der Ehrentag seit 1985 am 5. Dezember begangen. Die Aktion „Politik sagt Danke" gibt es laut Staatskanzlei bereits seit zwölf Jahren.

Selbst Sachsen-Anhalts Gefängnis für Langzeitinsassen in Burg-Madel (600 Häftlinge plus Sicherungsverwahrte) kann auf Ehrenamtliche nicht verzichten. Etwa ein Dutzend Frauen und Männer helfen in ihrer Freizeit ohne Gegenleistungen den Gefangenen sich auf ein Leben in der Freiheit vorzubereiten.

Eine von ihnen ist Cornelia Krüger aus dem Jerichower Land. Die 55-Jährige gibt 21 Häftlingen dreimal im Monat Kochkurse. Sie sagt: „Schwierige Charaktere haben mich schon immer interessiert.“ Und davon gibt es in der JVA Burg einige. Seit 2011 sitzen hier Mörder, Räuber und Vergewaltiger ein. Doch davon lässt sich die gelernte Gaststättenfacharbeiterin Koch/Kellner nicht beeindrucken. „Oft kann man die Menschen mit ihren Taten gar nicht in Einklang bringen“, sagt sie.

Der Kochkurs hinter Gittern beginnt mit dem Ausfüllen der Einkaufszettel. Die Zutaten müssen die Mitarbeiter der JVA aus dem Supermarkt holen. Das Geld dafür geben die Häftlinge übrigens selbst aus, die dieses für ihre Arbeit hinter Gittern erhalten.

Im großen Zubereitungsraum der Küche steht inmitten der Edelstahltische ein Herd, an dem die Gefangenen backen, braten und schmoren können. Auch ein Fleischwolf ist vor einiger Zeit angeschafft worden. Ähnlich ist es auch mit den Töpfen, dem Besteck und dem Geschirr.

„Die Häftlinge überlegen sich schon im Vorfeld der ungewöhnlichen Kochstunde, welches Gericht sie kochen wollen. Und sie bereiten sich auch sehr gut vor“, lobt Cornelia Krüger ihre „Jungs“. Genug Zeit für die Vorbereitung haben sie schließlich. Der Gefängnisalltag bringt das mit sich.

Auf dem selbst aufgestellten Koch-Kursplan steht alles, was der Männer-Magen begehrt: Schnitzel mit Pilzen, Lachs mit Bandnudeln, Rippchen, Broiler, Gulasch oder auch Burger. „Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt“, sagt die ehrenamtliche Kursleiterin. Bezahlt werden ihr übrigens nur die Fahrten von ihrem Wohnort zum Gefängnis. Alles andere ist Ehrensache.

Ob Weihnachtsfeier oder Grill-Nachmittag, Cornelia Krüger steht immer bereit, wenn sie gebraucht wird.

Kathrin Jäger, Leiterin des Sozialen Dienstes in der JVA, sagt: „Wir greifen sehr gerne auf Ehrenamtliche wie Frau Krüger zurück. Sie bringen neuen Schwung und eine andere Sichtweise in die Arbeitsabläufe.“ Die Kursleiterin könne sich sehr gut auf ihre Schützlinge einstellen.

Und das ist nicht immer einfach. Krüger: „Wenn es Ärger gibt, kann ich auch schon mal mit dem Kochlöffel drohen.“ Sie fügt schmunzelnd hinzu: „Das ist aber nicht nötig. Die Häftlinge erzählen lieber über ihre Probleme, als sie an mir auszulassen.“ Zu ihrer Arbeit gehören auch Abschiede, wenn jemand entlassen wird. Sie sagt: „Da sage ich immer tschüss und niemals auf Wiedersehen.“

Das Essen ist fertig und die Koch-Gruppe geht zu Tisch. „Alles, was wir hier selber kochen, essen wir auch.“ Nur eben nicht ganz so edel wie in einem Restaurant. Statt Wein gibt es freilich Cola, Fanta oder Wasser. Und auch die Kerzen haben hier keinen Docht. Sie bestehen nur aus LED-Leuchten. Aus Sicherheitsgründen muss das so sein.

Richtig feierlich wird es dann vielleicht irgendwann in Freiheit. Oder bei Cornelia Krüger am Sonnabend zum Festessen in der Staatskanzlei. Ihre „Jungs“ sagen ihr: „Genießen Sie es. Sie haben es sich verdient!“