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Ermittlungen 1900 Männer sollen zum DNA-Test

Mit einem Reihen-DNA-Test will die Polizei in Zahna-Elster das Tötungsverbrechen an dem 77-jährigen Wolfhard L. aufklären.

Von Matthias Fricke 22.02.2020, 00:01

Wittenberg l Wolfhard L. aus Zahna-Elster im Landkreis Wittenberg verlässt am frühen Morgen des 27. Januar gegen 5.50 Uhr sein Einfamilienhaus. Der 77-Jährige will mit seinem kleinen Mischlingshund „Findus“ Gassi gehen. An einer freistehenden Halle dreht er normalerweise seine Runde, die im Regelfall etwa 20 bis 30 Minuten dauert. Die Ermittler der Polizeiinspektion Dessau rekonstruieren später, dass es auch dieses Mal so ist. Eine Zeugin sieht ihn das letzte Mal zwischen 6 und 6.15 Uhr. Kurze Zeit später sieht eine weitere Zeugin den Hund, allerdings ohne Herrchen. „Findus“ trifft gegen 6.30 Uhr wieder am Tor des Rentnerehepaares ein.

Die 75-jährige Ehefrau macht sich aufgrund der Umstände große Sorgen. Sie sucht zunächst selbst ihren Mann im Umkreis des Hauses, später helfen auch Freunde und Familienangehörige mit. Sie schalten die Polizei ein. Zusammen mit der Feuerwehr beginnt eine großangelegte Suche. „Auch Rettungshunde und der Hubschrauber kamen damals zum Einsatz“, sagt Ralf Moritz von der Polizeiinspektion Dessau.

Erst am nächsten Morgen gegen 11 Uhr wird der Leichnam von Wolfhard L. in einem Wassergraben außerhalb der Ortschaft entdeckt. Dies ist etwa 20 Minuten Fußweg von der Gassirunde entfernt. Im Wasser befindet sich beim Toten auch ein grünes Transportnetz. Die Umstände des Auffindens sprechen schnell für ein Verbrechen. In der Obduktion bestätigen das später die Rechtsmediziner. Wolfhard L. ist ertrunken. Ihm wurden zuvor „durch stumpfe Gewalteinwirkungen Verletzungen“ zugefügt. Die Polizei ermittelt wegen eines Tötungsverbrechens.

Während die Polizisten mit den Zeugenvernehmungen beginnen, entdecken die Spezialisten der Spurensicherung im Landeskriminalamt in Magdeburg auf der Bekleidung des Opfers eine DNA-Spur. Die eines unbekannten Mannes.

Moritz: „Um auszuschließen, dass die Spuren von Helfern, Familienangehörigen oder anderen Kontaktpersonen stammen, wurden von diesen bereits Speichelproben eingeholt und verglichen.“ Die unbekannte DNA-Spur konnte aber niemandem zugeordnet werden. Sie ist nun der wichtigste Ermittlungsansatz in dem Fall.

„Aus diesem Grund beantragte die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau beim Amtsgericht eine DNA-Reihenuntersuchung“, sagt Moritz. Dem folgten die Richter. Sie ordneten an, dass den männlichen Einwohnern der Gemeinde Zahna-Elster ab einem Alter von 15 Jahren und Männern, die sich regelmäßig in der Gemeinde aufhalten, mit deren schriftlicher Einwilligung ausschließlich für den DNA-Vergleich Speichel entnommen werden darf. Insgesamt kommen laut Staatsanwaltschaft 1900 Männer dafür in Betracht. Die Untersuchungen sollen Anfang März beginnen.

Polizeibeamte sollen die Betroffenen aufsuchen und zur Abgabe der Speichelprobe bitten. Dies erfolgt durch einen Mundhöhlen-Abstrich. Moritz: „Durch die Untersuchung werden alle ,Negativ-Untersuchten‘ ausgeschlossen.“ Der Kreis der Verdächtigen kann damit eingeschränkt werden.

In Sachsen-Anhalt ist dies nicht die erste Reihenuntersuchung. Erst Ende 2018 gab es Speicheltests an rund 2000 Frauen nach dem Auffinden eines getöteten Babys zu Ostern 2017 in Weißenfels im Burgenlandkreis. Eine ähnliche Untersuchung erfolgte auch nach dem Mord an der bulgarischen Studentin Mariya Nakovska in Halle. Mehrere tausend Männer mussten damals aus Halle und Umgebung eine Speichelprobe abgeben. Der Fall ist bis heute ungeklärt.