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Ermittlungen Geheime Geschäfte bei Schalke?

Über die so genannte Schalke-Affäre war zuletzt der einflussreiche Chef der Landes-Investitionsbank in Sachsen-Anhalt gestolpert.

27.06.2019, 23:01

Zeitz/Halle l Mehr als zwei Jahre haben die Ermittlungen gegen den früheren Chef der Stadtwerke Zeitz gedauert. Seine Firma, ein kommunales Unternehmen im Süden Sachsen-Anhalts, hatte die Loge auf Schalke über mehrere Jahre angemietet und vor allem einflussreiche Persönlichkeiten aus dem ganzen Land eingeladen, zum Teil wurden auch Hotelrechnungen bezahlt. Spitzen-Deals beim Spitzen-Fußball? Gab es eine Gegenleistung für diese Großzügigkeit?

Genau dieser heiklen Frage ging das Wirtschaftsdezernat der Staatsanwaltschaft Halle bis vor kurzem nach und ermittelte gegen den ehemaligen Stadtwerke-Geschäftsführer wegen Verdachts auf Untreue und Vorteilsgewährung.

Andreas H., der nach Bekanntwerden der Vorwürfe 2016 seinen Job in Zeitz verlor, hat die Anschuldigungen stets bestritten und war sogar mit Promi-Anwalt Peter Michael Diestel, letzter Innenminister der DDR, dagegen vorgegangen. Mittlerweile hat er einen neuen Rechtsbeistand. Bereits 2017 hatten die Stadtwerke selbst Strafanzeige gegen ihren früheren Chef gestellt. Die Staatsanwaltschaft hat nun Anklage gegen H. erhoben, die Hauptverhandlung hat das Landgericht Halle aber noch nicht eröffnet, teilte Gerichtssprecherin Silvia Kochale gestern auf Volksstimme-Anfrage mit. Wenn das Verfahren kommt, dürften ihm einige Politiker wie Unternehmer mit Sorge entgegensehen. Welche Geschäfte wurden in der schicken Loge auf Schalke angebahnt, welche Deals geschlossen? Der Verdacht von Bestechung und Bestechlichkeit liegt in der Luft.

Auch im Fall von Manfred Maas. Der frühere Chef der Investitionsbank des Landes war ebenfalls mit auf Schalke gewesen und hatte sich einladen lassen von den Zeitzer Stadtwerken. In mindestens einem Fall ließ sich Maas außerdem sein Hotelzimmer bezahlen. Maas hatte die brisanten Einladungen eingeräumt. Einen Interessenkonflikt zwischen den lukrativen Fußball-Reisen und seiner Tätigkeit als Bankchef habe es aber nie gegeben, betonte er. Laut Staatsanwaltschaft Halle sind die Ermittlungen gegen ihn noch nicht abgeschlossen. Seinen Job ist er seit vergangenem Jahr wegen dieser Ermittlungen jedoch los.

Auch einige Polizisten waren unter den Gästen in der VIP-Loge auf Schalke gewesen. Sie waren nach Bekanntwerden ihres heiklen Besuches versetzt worden. Echte Folgen hatten die Besuche auf Schalke für keinen der Beamten. Entweder hatten die Polizisten selbst bezahlt oder der Verstoß gegen das Beamtenrecht war bereits verjährt.

Offiziell liefen die Einladungen zu den hochklassigen Bundesliga-Spielen unter „Kontaktpflege“. Mehr als 170.000 Euro – so groß war der jährliche Budgetposten für die Loge. Keine ganz billige Marketing-Maßnahme für eine städtische Firma aus der sachsen-anhaltischen Provinz.

Noch im Februar schrieb H. einen langen Brief an den ermittelnden Staatsanwalt in Halle, der der Volksstimme vorliegt. Unter anderem frühere Aufsichtsräte der Stadtwerke sollen auch unter den Gästen auf Schalke gewesen sein, behauptet H. in dem Schreiben. Ohne das Wissen des Aufsichtsrates habe er also nichts unternommen. „Die elektronischen Aufzeichnungen werden immer beweisen, dass der Apparat bei mir war.“

Zudem erklärt H. dem Staatsanwalt sein „praktiziertes System“. „Sie werden sofort erkennen, dass es durchaus sehr viel Sinn macht, Polizeibeamte aus dem gehobenen Dienst mit einzubeziehen“, lässt H. den Staatsanwalt wissen. Den Ex-Chef der Investitionsbank Maas nimmt H. dagegen in Schutz. „Ich habe nie mit Maas über Förderbescheide der Stadt Zeitz gesprochen und nie einen Antrag gesehen.“

Die VIP-Loge auf Schalke wird bereits seit einiger Zeit nicht mehr von den Stadtwerken in Zeitz angemietet – nach dem Rauswurf des umstrittenen Geschäftsführers war man bemüht, keine Schlagzeilen mehr zu machen. Mit Eröffnung des Prozesses dürfte das schwer werden.