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Ermittlungen Kisten-Mord bleibt ein Rätsel

Seit 2016 sind die Ermittler der Dessauer Polizeiinspektion 331 Hinweisen im Kisten-Mordfall von Vockerode nachgegangen - ohne heiße Spur.

Von Matthias Fricke 04.07.2019, 01:01

Dessau l Staatsanwalt Olaf Braun und die Dessauer Ermittler wollen im Fall des „Kisten-Mordes“ nicht aufgeben. „Wir hoffen immer noch auf Kommissar Zufall oder einen entscheidenden Tipp. Mord verjährt ja auch nicht“, erklärt der Staatsanwalt. Allen 331 Hinweisen sei inzwischen nachgegangen worden. Doch alle endeten bisher in einer Sackgasse.

Der Fall: Ein Paddler entdeckt am 5. Juli 2016 zur Mittagszeit die grüne Metallkiste mit der Aufschrift „Albert Glück!“ Darin macht später die Wasserschutzpolizei den grausigen Fund. Eine männliche Leiche befindet sich zusammengepfercht in der Werkzeugkiste. Später ergibt die gerichtsmedizinische Untersuchung, dass der zwischen 45 und 60 Jahre alte Mann Opfer eines Tötungsverbrechens geworden ist.

Zunächst glauben die Kriminalisten, dass die Kisten von einem Binnenschiff aus in der Elbe versenkt wurde. Doch eine nähere Untersuchung der Werkzeugkiste, die in dieser Ausführung bis 1991 in großer Stückzahl produziert wurde, ergab etwas anderes. Die Spurensischerung entdeckt blaue Farbanhaftungen vom Brückengeländer der Autobahn 9 bei Vockerode. Ein Vergleich mit Abschürfungen an der Brücke in Fahrtrichtung München bestätigt das. Später melden sich Zeugen, die im Mai oder Juni einen dunklen BMW Kombi älteren Baujahrs auf der Brücke gesehen haben wollen. Doch die Spur verläuft im Nichts.

Große Hoffnungen setzt Staatsanwalt Olaf Braun einige Monate später auf die Ausstrahlung der Fahndungssendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“. Im Gepäck hat er damals vielversprechende Details aus der rechtsmedizinischen Untersuchung der Leiche und der Spurensicherung, deren Anhaltspunkte auf die Identität des Unbekannten schließen lassen könnten: Der 1,80 Meter große Unbekannte mit athletischer Figur (75 Kilogramm schwer) hat eine auffällige Tätowierung am linken Unterarm. „Michaela“ steht darauf, offenbar seine große Liebe oder Ehefrau, denn auf dem rechten Ringfinger trug der Mann einen goldenen Ring (333er Gold) mit der Inschrift „Michaela“.

Olaf Braun: „Es war leider kein Hochzeitsdatum oder etwas anderes eingraviert, so dass es sich nicht unbedingt um einen Ehering handeln muss.“ Die Rechtsmediziner stellen auch fest, dass der Unbekannte bereits mehrere Wochen vor dem Auffinden durch den Paddler getötet worden sein musste. Der Tatort könnte demnach überall gewesen sein.

Das Landeskriminalamt rekonstruiert ein Porträt des Mannes, aber auch darauf erkennt den Mann niemand.

Die Ermittler aus Dessau holen sich auch Hilfe aus dem rechtsmedizinischen Institut in München, das mit einer biochemischen Untersuchung – einer Isotopenanalyse – den früheren Lebensraum des Mannes erforschen soll. Demnach hielt sich der unbekannte Tote seit mindestens zehn Jahren in Deutschland auf. Ursprünglich stammte er aber nicht aus Mitteleuropa, sondern vermutlich aus Ländern des ehemaligen Jugoslawien, aus Rumänien oder Bulgarien.

Den Untersuchungen zufolge dürfte der Mann laut Gutachten bis zu seinem 35. Lebensjahr dort gelebt haben. Die Experten gehen in ihrer Analyse noch weiter und sprechen von einem Wohnort eher im Binnenland, als an der Küste.

„Angesichts dieser Erkenntnisse haben wir großflächig zahlreiche Flyern mehrsprachig in den Gewerbebetrieben verteilt, die Erntehelfer aus Osteuropa beschäftigen“, so Braun. Aber auch das führt am Ende nicht zum gewünschten Erfolg. Mit den internationalen Polizeibehörden habe man zudem die Vermisstenfälle abgeglichen und die Informationen zur Leiche weitergegeben. Das blieb ebenfalls bis heute ohne Ergebnis.

Eine „Michaela“ meldete sich nie. Zumindest sie müsste das Verschwinden bemerkt haben. Oder ist sie selbst bereits tot, oder in den Fall verwickelt? Für die Polizei bleibt es ein Rätsel.

Für Hinweise (Telefon 0340/6000291) ist eine Belohnung in Höhe von 2500 Euro ausgesetzt.