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Existenzgründungen Immer weniger Gewerbe in Sachsen-Anhalt

Die Wirtschaft im Land boomt, die Gewerbeanmeldungen gehen zurück. Das ist kein Widerspruch, sagt ein Experte.

Von Massimo Rogacki 26.11.2018, 00:01

Magdeburg l Den Schritt in die Selbstständigkeit – in Sachsen-Anhalt wagen ihn immer weniger Menschen. Laut Statistischem Landesamt sank die Zahl der Gewerbeanzeigen im ersten Halbjahr 2018 auf 12 099. Das ist der niedrigste Stand seit Beginn der Erfassung 1990. In 5597 Fällen wurde ein Gewerbe angemeldet (Rückgang von 5,2 Prozent im Vergleich zum 1. Quartal 2017), 6502 Gewerbetreibende meldeten sich ab (Plus von 2,8 Prozent).

„Bei guter Konjunktur werden weniger Firmen gegründet. Das ist ein antizyklisches Phänomen“, sagt Wolfgang Patzig, Professor für Volkswirtschaftslehre und Finanzwirtschaft an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt sei sehr gut – viele bevorzugen den sicheren Arbeitsplatz, analysiert der Ökonom. Das Wirtschaftsministerium benennt zudem demografische Gründe. So sei die Zahl der 20- bis 65-Jährigen zwischen 2000 und 2017 in Sachsen-Anhalt deutlicher gesunken als im Bundeschnitt (Land: –1,4 Prozent, Bund: –0,2 Prozent pro Jahr). In diesem Zeitraum sei die Zahl der Anmeldungen um rund 43 Prozent zurückgegangen, auf Bundesebene waren es lediglich 10 Prozent.

Einen kontinuerlichen Rückgang gibt es seit 2009 auch bei Betrieben in der Handwerksrolle. „Ältere Inhaber melden ihre Betriebe ab, jüngere Inhaber kommen aber nicht in gleichem Maße nach“, sagt Burghard Grupe, Chef der Handwerkskammer Magdeburg. In den ersten neun Monaten dieses Jahres haben sich 500 Handwerksbetriebe an- und 724 abgemeldet. Ein negativer Saldo von 224 Betrieben.

In Zeiten wirtschaftlichen Wachstums steigt zudem die Konkurrenz um Fachkräfte. Das gelte etwa für den Gaststättenbereich, sagt Susanne Eva Dörrwand, Geschäftsführerin Handel bei der Industrie- und Handelskammer Magdeburg (IHK). Wer keine passenden Mitarbeiter mehr finde, für den werde die Fortführung des Unternehmens schwierig bis gar unmöglich.

Attraktive Beschäftigungsmöglichkeiten und die gute Konjunktur sind auch der Grund, warum die Bundesagentur für Arbeit weniger Selbständige im Land fördert. Sowohl beim Einstiegsgeld als auch beim Gründungszuschuss sei ein Rückgang zu verzeichnen, sagt Pressesprecher Kristian Simon Veil. Während im Juli 2014 noch 1364 Personen gefördert wurden, waren es im Juli 2018 nur noch 853.