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Fahndung Hunderte Asylbewerber abgetaucht

In Sachsen-Anhalt sind mehrere hundert größtenteils abgelehnte Asylbewerber spurlos verschwunden.

Von Michael Bock 03.11.2017, 00:01

Magdeburg l Stahlknecht sagte der Volksstimme am Donnerstag, die untergetauchten Asylbewerber seien zur Fahndung ausgeschrieben worden. Sollten sie gefasst werden, „kommen sie sofort in Abschiebehaft und werden so schnell wie möglich abgeschoben“, betonte der Minister. Die jetzt Verschwundenen seien auch per Fingerabdruck registriert worden. Eine genaue Zahl der Abgetauchten konnte Stahlknecht am Donnerstag nicht nennen. Es würden derzeit Daten abgeglichen, sagte er.

Im Frühjahr hatte Stahlknecht erklärt, dass allein im Landkreis Harz 220 Asylbewerber nicht mehr auffindbar seien. Carsten Wulfänger (CDU), Landrat im Kreis Stendal, hatte unlängst berichtet, dort seien 20 Asylbewerber untergetaucht.

Wie viele der Verschwundenen bislang gefasst worden sind, konnte Stahlknecht am Donnerstag nicht sagen. „Die Untergetauchten stellen ein Sicherheitsrisiko dar“, erklärte er. Es sei nicht auszuschließen, dass der eine oder andere einen terroristischen Anschlag plane.

Laut „Bild“-Zeitung sind deutschlandweit 30.000 abgelehnte Asylbewerber verschwunden. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte: „Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Ausländerzentralregister registrierte Ausreisepflichtige im Einzelfall möglicherweise bereits ausgereist oder untergetaucht sind.“

Ulla Jelpke, Bundestagsabgeordnete der Linken, hält die Zahl für aufgebauscht. „Dass es auch Menschen gibt, die aus Angst vor einer Abschiebung ‚untertauchen‘, ohne behördliche Registrierung ausreisen oder ihr Glück in anderen Ländern versuchen, ist bekannt“, sagte sie. „Eine allgemeine Bedrohung erwächst daraus nicht, denn diese Menschen verhalten sich in aller Regel sehr unauffällig und begehen keine Straftaten, denn jeder Behördenkontakt birgt die Gefahr der Inhaftierung und Abschiebung.“

Die Bearbeitung von Asylverfahren dauert indes wieder deutlich länger. Laut „Nürnberger Nachrichten“ schaffte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu Jahresbeginn noch rund 50.000 Fälle im Monat. Zuletzt seien es bei sinkender Tendenz zwischen 15.000 und 18.000 gewesen. Neuverfahren würden innerhalb von zwei Monaten erledigt – im Januar habe das Amt nur rund eineinhalb Wochen gebraucht.

Die Zahl der Klagen vor den Verwaltungsgerichten gegen Asylbescheide hat sich innerhalb eines Jahres fast verfünffacht. Zum Stichtag 30. Juni waren in diesem Jahr insgesamt mehr als 320.000 Asylklagen vor den Gerichten anhängig. 2016 hatte die Zahl noch bei knapp 69.000 gelegen.

Sachsen-Anhalts AfD-Chef André Poggenburg forderte am Donnerstag, es müsse endlich konsequent abgeschoben werden, um die Asylkrise zu lösen.

In Sachsen-Anhalt halten sich laut Innenministerium 7937 ausreisepflichtige Menschen auf, davon 6368 mit Duldung (Stand: 30. September). Die meisten von ihnen (1799) kommen aus Indien. Allerdings: „Bei rund 80 Prozent ist eine Abschiebung nahezu unmöglich“, sagte Stahlknecht. Probleme bereiten vor allem fehlende Ausweispapiere. In diesem Jahr wurden bislang 519 Menschen aus Sachsen-Anhalt abgeschoben, 2016 waren es 846.

In Deutschland gab es Ende vorigen Jahres mehr als doppelt so viel schutzsuchende Flüchtlinge wie zwei Jahre zuvor: Die Zahl lag 2016 bei rund 1,6 Millionen. Das waren 851 000 mehr als Ende 2014, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte.

Schutzsuchende sind Ausländer, die sich unter Berufung auf humanitäre Gründe in Deutschland aufhalten. Dazu zählen Menschen, die sich noch im Asylverfahren befinden, sogenannte subsidiär Schutzberechtigte sowie abgelehnte Asylbewerber, die sich weiterhin in Deutschland aufhalten.