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FCM-Fans Der Kult um den Magdeburger Club

Ein blau-weißer Partykeller, ein ebenso farblich gestalteter Bauwagen - ja der Ideenreichtum der Fußballfans kennt keine Grenzen.

Von Bernd Kaufholz 22.03.2018, 00:01

Magdeburg l Frank Palmdorf aus Weteritz im Altmarkkreis Salzwedel sträuben sich jetzt noch die Haare, wenn er an den 2. Juni 2007 zurückdenkt. Der Altmärker saß im Stadion und war wie Tausende von Fans todunglücklich, dass dem 1. FC Magdeburg zehn Minuten zum Aufstieg aus der Regionalliga Nord in die 2. Liga gefehlt haben. „Trauer statt Triumph“, zitiert der 57-Jährige in seinem FCM-Keller eine Zeitungsüberschrift.

„Das blau-weiße T-Shirt war schon bedruckt: ,Mission Aufstieg‘. Und wir Gardeleger hatten es bereits übergestreift. Dann das 1:1 gegen St. Pauli und kurz vor Schluss gewinnt im Parallelspiel Osnabrück gegen Ahlen.“ Jetzt hängt es neben anderen Jerseys an der Wand.

Doch diese „schwarze Stunde“ in der FCM-Historie und auch die folgenden Rückschläge haben ihn nicht dazu bewegen können, dem Club den Rücken zu kehren. „Im Gegenteil“, sagt er. Bei jedem Heimspiel feuert er aus Block 1 den FCM an. Auf seinem Youtube-Kanal lädt Frank Palmdorf regelmäßig Videos von FCM-Heimspielen hoch. 

In seinem blau-weißen Keller hängt, steht und liegt alles, was Bezug zu „den Größten der Welt“ hat: von Basecaps über Shirts, Schals bis hin zu Zeitungsausschnitten. In diesem Raum treffen sich die sechs FCM-Verrückten von „Gardelegen ist blau-weiß“ während der kalten Jahreszeit.

Im Sommer sitzen sie im Garten und hinterm Haus, über dem – natürlich – die Clubfahne weht, und sehen sich über einen Internetanbieter alle Auswärtsspiele an.

Auch Thomas Göschka, der nur ein paar Kilometer weiter in Stendal wohnt, kann sich ein Leben ohne den FCM nur schwer vorstellen. Sein „Super-Utensil“ ist ein Stehtisch mit einem Ball und den Beinen von Stürmer Christian Beck. „Gebaut habe ich das Teil selbst aus einem alten Ölfass, aber die Gestaltung hat meine Schwägerin Sandra Gutsche übernommen.“

Er habe der Künstlerin lediglich „ein paar Gedankenanstöße gegeben. Was sie daraus gemacht hat und mir zum Geburtstag geschenkt hat, ist ein echter Hammer“, freut sich der Stendaler auch heute noch.

Für den Dauerkarten-Inhaber war es keine Frage: „Ich habe sofort erkannt, zu wem die Beine auf dem Fass gehören zum zweimaligen Tor-des-Monats-Schützen Christian Beck“, sagt Göschka.

„Wir haben Christian dann ein Bild vom Tisch geschickt und ihn gefragt, ob es möglich ist, dass die Mannschaft unterschreibt.“ An einem Freitag nach dem Training hätten die Spieler ihre Unterschriften auf dem Stehtisch verewigt. „Ein ganz tolles Erlebnis für uns“, schwärmt der 46-Jährige und lobt besonders den Umgang der Spieler mit den Fans.

Seit Anfang der 1980er Jahre ist der Altmärker FCM-Fan. „Mein Vater hat mich einmal mitgenommen, danach war ich infiziert.“ Die glorreichen 1970er Jahre habe er „leider noch nicht so intensiv miterlebt. Mein größtes Erlebnis war ein FDGB-pokal-Sieg des Clubs.“

Immer dabei gewesen sei er hingegen in den 1990er Jahren, als der Verein versucht habe, in den bezahlten Fußball aufzusteigen. „Manchmal waren wir nur etwas über 1000 Zuschauer, die im Grube-Stadion gesessen haben.

Seit drei Jahren lebt der geborene Magdeburger in Stendal. „Es hat nicht lange gedauert, bis ich meine Frau Dana und Sohn Noah ebenfalls mit dem FCM-Virus angesteckt habe. Sie mussten nur einmal auf den Platz mitkommen – da war es um sie geschehen.“

Sein schönstes Erlebnis sei der Aufstieg des Clubs in die 3. Liga gewesen, sagt er und kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen: „Seitdem wird es immer verrückter und unser Haushalt wird mit immer mehr FCM-Utensilien ausgestattet.“

Lars Mösenthin aus der Gemeinde Huy im Harz geht es ähnlich. Er hat sogar einen Einachs-Bauwagen zum FCM-Mobil umgestaltet – natürlich in Blau-Weiß und der Nennung des Gründungsjahrs 1965. Die Schals im Ehrenhain auf Rädern würden wohl ausreichen, um eine komplette Stadion-Tribüne für die Schalparade vor den Spielen auszustatten.

Selbst die kleine Svea wird schon vor dem Laufenlernen auf ihre spätere Berufung „FCM-Fan“ vorbereitet. Blau-weiß quergestreift mit passender Club-Strickmütze mit Emblem steht dem Baby gut.

Auch bei den Hofmeisters in Magdeburg steht die gesamte Familie hinter dem Verein. „Vater, Mutter, Kind fühlen blau-weiß.“ Und damit nicht genug: Sie dokumentiert das auch durch ihre Autokennzeichen. Stefan Hofmeister: MD-FC 65 (Club-Gründung), Yvonne Hofmeister: MD-FC 72 (erste Meisterschaft), Sohn Tony Jahns: MD-FC 74 (zweite Meisterschaft und Europapokal-Sieg), Sohn Dustin Oberhau: MD-FC 75 (dritte Meisterschaft).

Kaum jemand weiß besser, als der Renault-Autoverkäufer, dass der Run auf FCM-nahe Kennzeichen immer mehr zunimmt. „Ein Schild habe ich 1997 regelrecht ergattert. Ein FCM-Fan hatte seinen Wagen mit MD-FC 74 abgemeldet. 16 Jahre lang hatte die Aufschrift an jenem Auto dokumentiert, dass sein Besitzer FCM-Fan ist. Allerdings hatte er sich das Kennzeichen bei der Abmeldung nicht online reserviert. Ich bin dazwischengegrätscht und habe mir das Kennzeichen geholt.“ Am Schalter habe er erstmal ein paar Freudentränen vergossen. Die Mitarbeiterin der Zulassungsstelle hat gar nicht gewusst, was los ist. Natürlich habe er sich damit den Vorbesitzer nicht zum Freund gemacht, räumt er ein.

Allerdings hat die ganze Sache schon eine Vorgeschichte und die steht in der Broschüren-Reihe „111 Gründe, den FCM zu lieben“ unter Grund 35 auf Seite 96.

Es begann alles mit den Kennzeichen „MD-FC 32“ und „MD-FC 20“ gleich nach der Wende. „In den dunklen 1990er Jahren“, in denen nur wenige Fußballbegeisterte den Club gegen solche „Größen“ wie den 1. FC Lübars 1962 oder Glückauf Brieske Senftenberg sehen wollten, habe sich auch Stefan Hofmeister „eine Auszeit genommen“. Aber seit 1997 ist er wieder voll dabei.

Frank Palmdorf aus Weteritz im Altmarkkreis Salzwedel erinnert sich in seinem FCM-Keller noch genau daran, wann er zum ersten Mal bei einem Spiel des Clubs dabei war. „Es war am 3. März 1977 gegen Juventus Turin beim Viertelfinale des UEFA-Cups. Wir haben 3:1 verloren.“

Er sei damals mit seiner Gardeleger Mannschaft im Jugendbereich Kreismeister geworden. „Als Belohnung haben wir die Eintrittskarten für das Spiel bekommen.“

Später – 1997 – habe er auch mal beim VfL Wolfsburg „reingeschnuppert“, weil die ja „gleich um die Ecke“ spielen. „Aber nach drei, vier Spielen habe ich ganz schnell gemerkt, dass dieser Verein nicht der Club ist. Blau-weiß bleibt eben immer blau-weiß.“

Mehr Infos und Videos zum 1. FC Magdeburg gibt es hier.