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Feuerwehr Jeder zweite Einsatz unnötig

Die Zahl von Fehl-Brand-Alarmierungen ist in Sachsen-Anhalt in sechs Jahren von 1853 auf 2177 gestiegen.

Von Matthias Fricke 03.11.2016, 00:01

Magdeburg l Ob mitten in der Nacht oder am Tage von der Arbeitsstelle aus müssen freiwillige Feuerwehrleute immer häufiger zu Bränden ausrücken, die keine sind. So wie die Freiwillige Feuerwehr Osterweddingen. Von den 45 Einsätzen im vergangenen Jahr waren 21 durch Brandmeldeanlagen ausgelöst worden. Kai Pluntke, Kreisbrandmeister des Landkreises Börde: „In 99 Prozent aller Fälle ist nichts. Meist handelt es sich um Staubbildung, Spinnweben oder einen technischen Defekt.“ Oft seien fehlerhafte Anlagen oder eine schlechte Wartung schuld an den Fehl­alarmen, die inzwischen zur Belastung für die Feuerwehrleute werden. „Wegen mangelhafter Wartung sind wir allein im vergangenen Jahr elfmal zu ein und dem selben Pflegeheim ausgerückt“, sagt Pluntke.

Für die wenigen Einsatzkräfte einer kleinen Ortswehr sei dies schon eine Zumutung, wenn immer wieder die gleiche Einrichtung auf dem Funkpager steht. „Die Gefahr, dass irgendwann die ehrenamtlichen Feuerwehrleute abstumpfen und die Motivation zum Ausrücken nachlässt, ist hoch“, sagt Pluntke. Obwohl die Kosten für den Einsatz rund 1200 Euro betragen, legen die Einrichtungen offenbar nur wenig Wert auf die Wartung ihrer Anlagen.

„Im konkreten Fall hat das Pflegeheim erst jetzt nach mehreren Jahren ein neues Brandmeldersystem installiert“, so Pluntke.

Ähnliche Erfahrungen mit häufig grundlos anspringenden Brandmeldeanlagen machte auch der Chef des Landesfeuerverbandes, Kai-Uwe Lohse: „Ich kenne Einrichtungen im Landkreis Harz, da müssen die Kameraden zu 15 Fehlalarmen in einer Einrichtung im Jahr ausrücken.“

So etwas könne man nur eindämmen, wenn die Betreiber der Anlagen über die Kosten dazu gezwungen werden, die Anlage in Ordnung zu halten. „Ansonsten besteht natürlich die Gefahr, dass die Meldungen nicht mehr ernst genommen werden“, so Lohse. Magdeburgs Feuerwehrchef Helge Langenhan sieht das Problem für die Landeshauptstadt „nicht ganz so dramatisch“. In Magdeburg seien die durch Brandmeldeanlagen ausgelösten Fehleinsätze stabil. Ein solcher kostet je nach Unternehmen hier zwischen 600 und 800 Euro.

Der Chef des Landesfeuerwehrverbandes befürchtet auch eine Zunahme der Fehlalarme wegen der 2016 in Kraft getretenen Rauchmelderpflicht: „Die privaten Melder in den Wohnung werden für uns ein zunehmendes Problem.“ Allerdings werden, anders als bei den automatischen Brandmeldesystemen, hier keine Kosten erhoben. Dies halte Lohse für schwierig: „Wenn wir dafür Rechnungen schreiben würden, meldet niemand mehr den ausgelösten Rauchmelder bei Nachbarn oder die Geräte werden einfach abgebaut.“ Auch Magdeburgs Feuerwehrchef Helge Langenhan sieht es ähnlich: „Das wäre ein fatales sicherheitspolitisches Signal.“

Nach Angaben von Lutz-Georg Berkling, Referatsleiter für Brand- und Katastrophenschutz im Innenministerium Sachsen-Anhalts, liegt eine aktuelle Statistik für Fehlalarme durch Rauchmelder für dieses Jahr noch nicht vor.