Polnisches Schiff mit 1,2 Tonnen Zementklinker an Bord hatte über ein Meter hoch Wasser im Maschinenraum Feuerwehreinsatz rettet sinkenden Frachter "Gloria"
Ein Hilferuf ereilte die Haldensleber Feuerwehr am Nikolaustag vom Umschlaghafen der Kreisstadt. Auf dem Mittellandkanal drohte ein polnisches Frachtschiff zu sinken, weil Wasser in den Maschinenraum eingedrungen war.
Haldensleben l Viel Deutsch spricht Schiffsführer Jacek Cyz nicht. Aber mit Händen und Füßen kann der Pole erklären, was er am Dienstagabend im Maschinenraum seines Frachters entdeckte. "Eine Surprise von Santa", sagt er und zeigt mit der Handkante in die Höhe seines Bauchnabels. So hoch hätte das Wasser-Öl-Gemisch, die "Nikolausüberraschung", wie er es mit Galgenhumor nennt, schon im Maschinenraum gestanden.
Im Haldensleber Umschlaghafen war man gerade damit fertig gewesen, das 1968 gebaute Frachtschiff mit 1,289 Tonnen Zementklinker zu beladen. Kurz vor dem Aufbruch in Richtung des Zielortes Rieme in Belgien bemerkte Cyz die Havarie und alarmierte die Rettungsleitstelle. "Das Schiff hatte schon eine leichte Schieflage", erinnert sich Haldenslebens Feuerwehrleiter Frank Juhl an den Einsatz. Gegen 21.15 Uhr hätte man sie alarmiert. Insgesamt 16 Kameraden waren vor Ort. "Wir wollten eigentlich wegen des Öls im Wasser erst auf das Umweltamt warten, mussten dann aber doch schon vor deren Eintreffen mit dem Abpumpen beginnen, weil die Gefahr, dass das Schiff sinkt, wirklich hoch war." Die Situation sei auch aufgrund der Lage des Schiffes schwierig gewesen. Die Feuerwehrfahrzeuge konnten nicht bis zum Frachter fahren, sodass die Kameraden die Pumpen per Hand an den Ort des Geschehens tragen mussten.
Da die Verständigung mit den Männern an Bord schwierig gewesen sei, hätte man Kreisbrandmeister Horst Nitzer hinzugerufen. "Er ist Schiffer und konnte uns mit seiner Erfahrung helfen", nennt Wehrleiter Juhl den Grund dieser Entscheidung. Auch Wolmirstedts Stadtwehrleiter Dirk Bischoff sei vor Ort gewesen, genau wie die nachalarmierten Kameraden aus Glindenberg, die für den Aufbau einer schwimmfähigen Ölsperre verantwortlich waren. Diese Gerätschaften gehören zwar dem Landkreis, sind aufgrund der Elbnähe aber in Glindenberg stationiert. Bis 1.30 Uhr nachts waren die Feuerwehrmänner am Hafen im Einsatz. Für die Besatzung des Frachters war mindestens ein Tag Zwangspause angesagt. Durch den Wassereinbruch sei die Maschinenanlage ausgefallen, das Frachtschiff war nicht mehr einsatzfähig. Die Havarie macht erst noch das Entladen des Schiffes am Umschlaghafen erforderlich, bevor der defekte Frachter zur Werft transportiert werden kann. Der Sachschaden sei hoch, wurde aber noch nicht genau beziffert.
Zwei Beamte der Wasserschutzpolizei Haldensleben schauten gestern im Rahmen der Ermittlungen auf dem Frachtschiff vorbei. "Nach jetzigem Kenntnisstand wurde im Maschinenraum die Pumpe an der Ballastwasserleitung demontiert und die offene Leitung nicht wieder abgedichtet. Dadurch konnte das Wasser in den Maschinenraum eindringen, weil eine Öffnung der Wasserleitung durch das Beladen unter Wasser geraten war", erläuterte Dietmar Bloch von der Wasserschutzpolizei Magdeburg. Man prüfe nun, wer für den Eingriff verantwortlich war, zumal das Schiff kurz zuvor auf einer Werft gewesen sei. Nur durch den schnellen Einsatz der Feuerwehr und die Hilfe des Schiffsführers hätte verhindert werden können, dass der Frachter sinkt und viel Öl in den Mittellandkanal austritt. "Das Wasser des Kanals wurde dennoch belastet, deshalb wird von Amts wegen eine Strafanzeige wegen Gewässerverunreinigung gefertigt", so Bloch.