1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Übung um wilde Ausreißer im Zoo Magdeburg

Feuerwehren Übung um wilde Ausreißer im Zoo Magdeburg

Wie tierische Ausreißer wieder eingefangen werden, hat der Zoo Magdeburg in Theorie und Praxis mit Sachsen-Anhalts Feuerwehren geübt.

Von Melanie Dahrendorf 28.10.2019, 15:06

Magdeburg l Ein Hinterhof im Magdeburger Zoo. Ein Schild weist darauf hin, dass hier nur Mitarbeiter Zutritt haben – eigentlich. Hier stehen 20 Feuerwehrmänner – und ihre Augen sind auf Konstantin Ruske gerichtet. Konstantin Ruske ist Kurator für Artenschutz, Gartenbereich und Entwicklung im Zoo – und heute der Lehrgangsleiter. Gerade hat er einen jungen Flamingo auf dem Arm: Das Tier, das sich partout nicht auf die Beine stellen will, sondern lieber erstmal sein Geschäft auf Ruskes Schuh verrichtet, dient als praktisches Beispiel.

Denn 20 Feuerwehrmänner aus Sachsen-Anhalt lernen, wie sie Tiere einfangen und auch festhalten können. Wie beim jungen, rebellischen Flamingo auf seinem Arm: Wie bei einem Kranich müsse der Kopf angehoben werden – wegen des Schnabels. Wird der Schnabel festgehalten, sollte darauf geachtet werden, dass eines der dort befindlichen Nasenlöcher offen bleibt. „Der ist jetzt ganz lieb und kann nicht beißen“, sagt Konstantin Ruske. „Wäre das jetzt ein Geier, würde er nun versuchen, mir ein Auge auszupieksen.“ Und genau das sollen auch die Männer am eigenen Leib erfahren – zumindest fast.

„Das Schöne am Geier ist, dass dieser keine allzu scharfen Krallen hat“, so der Zoo-Mitarbeiter, der mittlerweile im nächsten Gehege steht. Beim Geier sollten deshalb zuerst die Fänge – die Füße des Tieres – gesichert sein. Der Geier schnappt zu und wehrt sich, immer wieder versucht er, einen der Feuerwehrmänner zu beißen. Doch mit den Ratschlägen von Konstantin Ruske haben die Lehrgangsteilnehmer auch diese Situation – sowie den Schnabel des Geiers – schnell wieder im Griff. Selbst ausprobieren und das Tier festhalten ist durchaus erwünscht. Mit so einem spektakulären Tier auf dem Arm machen die Kameraden auch gern das ein oder andere Erinnerungsfoto voneinander, bevor es im nächsten Gehege weitergeht. „Als erstes denken die Leute immer an die Katze, die auf dem Baum sitzt und gerettet werden muss“, so Frank Mehr, Leiter vom Institut für Brand-​ und Katas-trophenschutz Heyrothsberge. „Dabei glauben viele gar nicht, welche kuriosen Tiere von der Feuerwehr schon befreit oder eingefangen wurden.“

Den Lehrgang „Rettung von exotischen Tieren im Feuerwehreinsatz“ gibt es seit den 90er Jahren im Magdeburger Zoo. Hierbei arbeiten Zoo und das Institut für Brand-​ und Katastrophenschutz Heyrothsberge zusammen.

Wie eine Tierrettung abläuft, hängt auch von der Größe des Tieres ab. Wenn es um ein Tier geht, das so groß wie eine Hauskatze ist, reicht es, in den Nacken zu greifen – bei allem, was doppelt so groß ist, sollten auch die Arme festgehalten werden. Geht es beispielsweise um Paviane, trauen sich selbst Zoo-Mitarbeiter oft nicht zu, diese alleine einzufangen – da müssen dann mehrere Leute ran und sich dem Tier gleichzeitig und vor allem leise nähern. „Dafür braucht es viel Erfahrung“, führt Konstantin Ruske weiter aus.

Für den Kurs 2020 weiß er schon genau, welches Tier die Feuerwehr dann „retten“ soll: Die Bananennatter. Die taucht auch im Alltag immer häufiger auf – zum Beispiel durch exportiertes Obst im Supermarkt. Es sei auch nicht unwahrscheinlich, durch offen gelassene Wildtiergehege einer Antilope oder einem Wasserbüffel im Wald zu begegnen.

„Grundsätzlich gilt Menschen- vor Tierleben“, so Ruske. In Gefahr begeben soll sich niemand beim Einfangen der Tiere. Ihnen soll auch anhand der menschlichen Körpersprache zu verstehen gegeben werden, dass es keine Fluchtchancen hat. Vorsicht sei auch geboten, wenn es um Krankheiten gehe – deshalb soll Hautkontakt vermieden und das Tier nur mit Handschuhen berührt werden.

Im Idealfall habe man mit einem Kescher oder einer Decke oft – eben je nach Tier – das passende „Werkzeug“ zur Hand. Was einfach klingt, kann auch schnell schiefgehen. Auch im Magdeburger Zoo hat es schon den ein oder anderen Feuerwehreinsatz gegeben, erzählt Pressesprecherin Regina Jembere. So lagen schon ein Trampeltierhengst oder eine Elefantenkuh im Graben und mussten befreit werden. Bei wirklich exotischen Tieren sei dies aber noch nicht vorgekommen.

Bei einem Lama oder Alpaka sollten gleich mehrere Feuerwehrmänner vor Ort sind. „Drei Leute zum Festhalten sollten es schon sein“, so Ruske. Die Tiere haben zwar keine Hufe, mit denen sie angreifen können, spucken ihren „Angreifer“ jedoch gern an. Da hilft ein einfach gebundener Strick, der um das Maul gelegt wird. Das meistgehasste Tier ist dann doch die Hauskatze. „Die sind einfach unberechenbar“, erklärt Konstantin Ruske abschließend und lacht.