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Sachsen-Anhalt nimmt weniger Steuern ein als von der Regierung gedacht - Finanzloch von 300 Millionen Euro Finanzminister Bullerjahn verschätzt sich gründlich

Von Jens Schmidt 08.11.2011, 05:30

Sachsen-Anhalts Landesregierung hat sich bei der Haushaltsplanung mächtig verschätzt. Die Steuern sprudeln längst nicht so üppig wie gedacht. Für 2012/13 klafft ein Loch von fast 300 Millionen Euro. Nun setzt man auf moderate Zinsen.

Magdeburg l Zweimal im Jahr schätzen Experten des Bundes die Steuereinnahmen für die öffentlichen Kassen Deutschlands: im Mai und im November. Auf Basis dieser Zahlen werden auch Landeshaushalte aufgestellt.

Für den im Oktober im Landtag eingebrachten Haushalt sollten üblicherweise die Mai-Zahlen Grundlage sein. Doch Sachsen-Anhalts CDU-SPD-Landesregierung wich dieses Jahr davon ab: Das Finanzministerium unter Jens Bullerjahn (SPD) erstellte im August eine eigene Schätzung und baute darauf den Haushaltsplanentwurf für 2012/13 auf. Bullerjahns Zahlen sahen deutlich freundlicher als die Mai-Schätzung aus. Für beide Jahre sah er zusätzliche 524 Millionen Euro nach Sachsen-Anhalt fließen. So konnte die Regierung ohne harte Sparmaßnahmen und ohne großen Minister-Zoff den Etatentwurf durchbringen. Der Landesrechnungshof kritisierte das Verfahren scharf. Präsident Ralf Seibicke warnte vor erheblichen Risiken .

Seit gestern liegt nun die aktuelle und verbindliche November-Steuerschätzung für Sachsen-Anhalt vor: Die Zahlen sehen deutlich trüber aus. Das von Bullerjahn geschätzte Plus von 524 Millionen Euro für die nächsten beiden Jahre schmolz auf 226 Millionen Euro. Da die Regierung in ihrem Entwurf die 524 Millionen Euro schon vollständig verplant hat, klafft nun für beide Jahre ein Loch von insgesamt 298 Millionen Euro.

Das Finanzministerium sieht dennoch keine größeren Geldprobleme auf das Land zukommen. Bullerjahns Haus rechnet nach der aktuellen Leitzinssenkung nun mit geringeren Zinsausgaben: In den nächsten beiden Jahren sollen so im Vergleich zum Etatentwurf angeblich 150 Millionen Euro gespart werden. 2013 soll das so stark zu Buche schlagen, dass sogar 40 Millionen Euro für die weitere Kassenkonsolidierung übrig seien. Bullerjahn will vorschlagen, bereits 2013 und nicht erst 2014 mit der Tilgung der Schulden zu beginnen. Das Land hat seit 1990 Kredite von etwa 20 Milliarden Euro angehäuft. Bullerjahn gestern trotzig: "Ich bin zufrieden mit der Steuerschätzung. Die wichtigsten Eckpunkte unserer Haushaltsplanung sind damit umsetzbar."

Rechnungshofpräsident Seibicke sieht sich hingegen in seiner Kritik bestätigt. "Das Ergebnis zeigt, mit welchen fragwürdigen Mitteln die Landesregierung den Haushalt aufgestellt hat." Statt nun auf sinkende Zinsen zu spekulieren, sei es endlich geboten, die Ausgaben zu senken.

Der Haushaltsplanentwurf ist im Landtag und wird derzeit von den Fraktionen beraten. Sie müssen nun zusehen, wie sie das neue Minus ausgleichen. Seite 5