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Finanzministerium Höhere Pauschalen für Ehrenamtler

Finanzminister einigen sich auf höhere Pauschalen für Ehrenamtler in Sachsen-Anhalt. Doch kommt die Hilfe auch an?

10.07.2019, 23:01

Magdeburg l Im steuerlichen Gemeinnützigkeitsrecht soll sich die Übungsleiterpauschale von 2400 auf 3000 Euro im Jahr erhöhen, die Ehrenamtspauschale könnte von 720 auf 840 Euro steigen. Darauf haben sich die Finanzminister der Länder geeinigt. Freiwillige sollen einen höheren Betrag steuerfrei erhalten. Doch kommt die Hilfe auch an?

Frank Löper vom Landessportbund: „Die Erhöhung der Pauschale sendet ein positives Signal aus.“ Von den 10.580 lizenzierten und im Rahmen der Sportförderung eingetragenen Übungsleitern profitieren aber wegen der oft geringen Vergütungen nur sehr wenige. Pro Jahr werde im Rahmen der Vereinsförderung 100 Euro pro Übungsleiter gezahlt. „Das ist meist die Grundlage für eine Honorierung“, so Löper. Je nach Möglichkeiten des Vereins sehen die Aufwandsentschädigungen aber unterschiedlich aus.

Ein Beispiel: Frank Eckstein vom Handballverein BSV 93 in Magdeburg erklärt, dass Trainer dreimal die Woche unterwegs sind und neben den Anfahrtskosten auch Material von den Aufwandsentschädigungen kaufen. Ein Cheftrainer erhalte 150 Euro im Monat. Das reicht somit nicht mal an die alte Grenze heran. Co-Trainer erhalten im Verein 40 bis 50 Euro im Monat als Pauschale. Ähnlich sieht es bei den Feuerwehren aus. Diese zahlen je nach Kommune unterschiedliche Zuwendungen.

In Wanzleben-Börde sind es nach Angaben von Kai Pluntke, zuständiger Amtsleiter für die Feuerwehren in seiner Kommune, fünf Euro pro Einsatz. Die finanzielle Hilfe soll vor allem die Anfahrt zu den Gerätehäusern abdecken. Hinzu kommen Entschädigungen aus der Landessatzung. Danach werden einem Stadtwehrleiter bis zu 300 Euro und einem Ortswehrleiter bis zu 120 Euro im Monat gezahlt.

Von der Erhöhung der Ehrenamtspauschale profitieren demnach vor allem Führungskräfte, die sich auch als Ortsrat oder Bürgermeister engagieren. Dabei kann man mit den Sitzungsgeldern für die ehrenamtlichen Lokalpolitiker schnell an die steuerliche Grenze kommen. „Insofern können wir das Vorhaben der Erhöhung nur begrüßen“, so Pluntke.

Das von der Erhöhung der steuerfreien Pauschalen nur wenige profitieren, zeigt auch die Hochrechnung des Finanzministeriums. Das Land rechnet demnach durch die Erhöhung des Steuerfreibetrages mit Mindereinnahmen von jährlich geschätzten 105.000 Euro.

Die Maßnahme soll vor allem größere Anreize für Ehrenamtliche schaffen. Ist das der richtige Weg? „Elemente wie Mitgestaltung und Selbstbestimmtheit verlieren gegenüber der Motivation zum Zuverdienst an Bedeutung“, sagt Birgit Bursee, Leiterin der Freiwilligenagentur Magdeburg.

„Eine Erhöhung der Pauschalen birgt zudem die Gefahr weiterer Grauzonen auf dem Arbeitsmarkt.“ Demnach gebe es immer mehr Beispiele, wie finanzielle Anreize eher die Verschleierung von Niedriglöhnen fördern. Das Sozialministerium betont zwar, dass Aufwandsentschädigungen für ein Ehrenamt zwingend steuerfrei bleiben sollen. „Der Wert des Engagements wird durch eine Konzentration auf Geldzahlungen jedoch beschädigt“, so Ministeriumssprecher Andreas Pinkert.

Olaf Ebert, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen, sieht in der komplizierten Kostenerstattung das größere Problem. „Oft fehlt es den Vereinen an finanziellen Mitteln, um Fahrt oder Qualifzierungskosten für ihre Ehrenamtlichen zu finanzieren.“ Ein kommunales Ehrenamtsbudget so wie in Sachsen wo Landkreise 2018 jeweils 100.000 Euro zur Stärkung bürgerschaftlichen Engagements erhielten, wäre eine mögliche Lösung. Die Finanzminister plädierten auch dafür, Kriterien der Gemeinnützigkeit neu zu justieren. Bereits seit Jahren fordern Vereine eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts. Die Debatte erhielt neue Dynamik, als der Bundesfinanzhof der Organisation Attac den Status der Gemeinnützigkeit aberkannte. Das Gesetz enthält keine Regel zum Verhältnis von Politik und Gemeinnützigkeit. „Förderfähige Zwecke sind in der Abgabenordnung bislang nur sehr lückenhaft aufgeführt und führen zu Rechtsunsicherheit vieler neuer Organisationen“, so Ebert.

Auf Nachfrage erklärte das Bundesfinanzministerium, man arbeite bereits an einer Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts.