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Flüchtlingszahlen Zahl der Asylklagen verfünffacht

Die Flüchtlingszahlen sind gesunken, doch an den Gerichten in Magdeburg und Halle gibt es aktuell rund 3900 unbearbeitete Asylverfahren.

08.02.2018, 23:01

Magdeburg l Die Zahl der in Sachsen-Anhalt eingereichten Asylklagen hat sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verfünffacht. Wie die Verwaltungsgerichte auf Anfrage der Volksstimme bestätigten, sind 2017 insgesamt 4639 neue Verfahren eingegangen – im Jahr 2012 waren es noch 788 gewesen. Das ist ein Aufwuchs um 588 Prozent.

Diese Klageflut abzuarbeiten, zieht sich hin. Im Januar waren 3878 Klagen noch unbearbeitet. Insgesamt ist der Trend jedoch leicht positiv: Vor einem halben Jahr waren noch mehr als 4500 Verfahren offen gewesen.

Ein Asylbewerber oder Flüchtling, der einen ablehnenden Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) nicht akzeptiert, landet automatisch beim Verwaltungsgericht. Der starke Anstieg der Klagen ist die Folge Hunderttausender Asylanträge aus den vergangenen Jahren, die das Bamf derzeit abarbeitet.

Gegen sehr viele Negativbescheide wird Klage erhoben. Knapp die Hälfte aller Flüchtlinge ist dabei erfolgreich. Diese Zahl geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor. Demnach endeten von Januar bis September 2017 rund 44 Prozent der Verfahren gegen Entscheidungen des Bamf zugunsten der Asylbewerber. Besonders Menschen aus Syrien (69 Prozent) und Afghanistan (61) setzten sich oft durch. Das Bamf setzt auf eine andere Zählweise, laut der die Gerichte nur 23 Prozent der Entscheidung aufheben würden. Andere Darstellungen seien „nicht aussagekräftig“, teilte die Behörde mit.

Der Magdeburger Rechtsanwalt Ulrich Koehler kritisiert jedoch die Qualität der Bescheide. „Das Bamf neigt dazu, auf die Bremse zu treten und die Sache letztlich den Gerichten zu überlassen. Die Richter sind gründlicher“, sagte er. Der Jurist hat 2017 etwa 550 Asylklagen begleitet.

Die Richter müssen in jedem einzelnen Fall die individuellen Fluchtgründe prüfen. Diese Ursachenforschung ist mühsam – auch deshalb, weil das Bamf nicht an den Verhandlungen teilnimmt und so keine Rückfragen möglich sind. Eine Teilnahme an allen Verhandlungen ist aus Sicht des Bamf „nicht erforderlich“, sagte eine Sprecherin der Behörde der Volksstimme mit. Man habe aber die „Kommunikation mit den Gerichten intensiviert“ und übermittle alle notwendigen Infos.

Die Kosten – auch für die Dolmetscher – trägt der Staat, da Asylverfahren gerichtskostenfrei sind. Für die Übersetzungsleistungen werden pro Stunde zwischen 50 und 75 Euro veranschlagt.

Die durchschnittliche Verfahrensdauer liegt in Sachsen-Anhalt derzeit etwa bei acht Monaten. Für 2018 stehen die Zeichen auf Entspannung: Die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, ist stark gesunken. Das Bamf und die Gerichte verzeichnen aktuell deutlich weniger Eingänge als noch 2017.

Lesen Sie hier den Kommentar zum Thema von Christopher Kissmannn.