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6000 Menschen allein im Elbe-Havel-Winkel evakuiert / Landesstraße wird abgerissen Flutopfer werden ausgeflogen

Von Thomas Pusch 13.06.2013, 03:12

Das Elbehochwasser wird in der Altmark noch "viele viele Tage" für Probleme sorgen. Damit rechnet Landrat Carsten Wulfänger (CDU). Besonders prekär ist die Situation östlich der Elbe.

Stendal l Um zwei Minuten nach Mitternacht brach am Montag bei Fischbeck der Deich. Seitdem sind 70 Milliarden Liter Wasser durch den 50 Meter breiten Riss geströmt. Pro Sekunde waren es gestern 500000 Liter. Das entspricht in etwa dem Fassungsvermögen von 3000 Badewannen. Am Dienstag war es noch die doppelte Menge. Doch noch gibt es für den Katastrophenschutzstab keinen Grund zur Entwarnung - im Gegenteil.

Neuwerbener Wehr soll wieder geöffnet werden

"Wir haben nach wie vor einen sehr, sehr hohen Wasserstand", sagte Landrat Carsten Wulfänger (CDU) gestern. Fischbeck steht zu 80 Prozent unter Wasser. Von dort floss das Wasser gen Norden, überschwemmte Kabelitz und ein Drittel von Schönhausen.

Gestern Nachmittag entschied der Krisenstab der Landesregierung, dass Schönhausen und Kamern mit allen Ortsteilen zwangsevakuiert werden. Das betrifft 1000 Menschen, damit sind derzeit 6000 Bewohner des Elbe-Havel-Gebietes evakuiert.

Außerdem wird die Landesstraße nördlich von Kamern abgerissen, um den Abfluss des Wassers in die Havelpolder zu ermöglichen. "Anders kann die Gefahr einer Überflutung der Region nicht abgewendet werden", informierte der Krisenstab.

Bislang ist ein 20 Kilometer langes und bis zu zehn Kilometer breites Gebiet im Elbe-Havel-Land von der Überflutung betroffen. Ob auch die Havelberger Stadtinsel gefährdet ist, vermochte Wulfänger gestern nicht zu sagen. Um die Situation dort zu entspannen, soll wieder das Neuwerbener Wehr geöffnet werden. Diesmal, um Havelwasser in die Elbe fließen zu lassen. Gestern hatte die Stadtinsel noch einen halben Meter Luft bis zum kritischen Punkt. Am Abend wurde entschieden, das Wehr noch nicht zu öffnen. "Die aktuellen Berechnungen haben ergeben, dass der Elbpegel noch nicht niedrig genug ist", sagte Angela Vogel, Pressesprecherin des Landkreises. Es müsse noch zwölf Stunden gewartet werden.

Zwar nicht entspannt, aber weniger dramatisch ist die Situation auf der westlichen Elbseite. "Dort heißt das Motto durchhalten", sagte Wulfänger. Am unsanierten Deich zwischen Altenzaun und Berge sind nach wie vor mehrere hundert Helfer im Einsatz; Zivilisten ebenso wie Bundeswehrsoldaten, Einheimische wie Auswärtige verbauen Sandsäcke. Außerdem werden Big Bags eingeflogen.

Der Deich bei Bömenzien hält Wulfängers Einschätzung nach. Der Pegel müsse aber im Auge behalten werden, wenn das Neuwerbener Wehr wieder geöffnet wird. "Die Situation ist angespannt, aber im Griff", lautet Wulfängers Resümee, das nicht für die gesamte Region gilt.

In Magdeburg stabilisierte sich die Lage gestern. Bis auf die Bewohner von Pechau und Randau-Calenberge konnten alle in ihre Häuser zurückkehren. In die Schönebecker Ortsteile Elbenau, Grünewalde und Ranies durften nur deren Einwohner. Sie mussten sich per Personalausweis identifizieren.

In Sachsen-Anhalt waren zuletzt rund 12500 Helfer unter anderem von Bundeswehr, THW und Feuerwehren im Einsatz. Zugleich waren noch rund 40 000 Menschen im Land aufgefordert, ihre Wohnungen zu verlassen.