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Flutschäden-VorsorgePrivat statt Staat

Hauseigentümer in Sachsen-Anhalt sollten sich gegen Wetterkapriolen versichern. Ohne Bemühen soll es kaum noch Hilfsgelder geben.

Von Alexander Walter 16.08.2017, 01:01

Magdeburg l Überflutete Erdgeschosse, zerstörte Möbel – das Hochwasser im Harz traf viele Wohneigentümer wie aus heiterem Himmel. Doch auch in anderen Regionen Sachsen-Anhalts steigt die Gefahr von Überflutungen. Nach Daten des Landesbetriebs für Hochwasserschutz hat die Anzahl der Grundstücke mit besonders hohem Überflutungsrisiko (statistisch gesehen einmal in 10 bis 100 Jahren ein Hochwasser) seit 2016 von knapp 12.500 auf fast 17.000 zugenommen. Bei landesweit 683.000 erfassten Grundstücken entspricht das einem Anteil von knapp 2,5 Prozent. 2016 waren es noch gut 1,8 Prozent.

Konnten Hochwasser-Geschädigte nach der Elbeflut 2013 noch auf großzügige Ausgleichszahlungen hoffen, so hat sich das inzwischen geändert. Während Sachsen-Anhalt damals allein Wohnungseigentümern und Gartenbesitzern mehr als 71 Millionen Euro aus einem gemeinsamen Fluthilfe-Fonds von Bund und Ländern genehmigen konnte, sind Letztere zu Solidarleistungen bei neuen Hochwasserereignissen kaum noch bereit. Das Land beschränkt sich bei der Harz-Flut daher auf Soforthilfen und steuerliche Vergünstigungen. Im Juni verständigten sich die Länderchefs zudem auf eine neue Verfahrensweise für Unwetterschäden: Geld über Soforthilfen hinaus soll es nur noch für diejenigen geben, die sich zuvor erfolglos um eine Elementarschadenversicherung bemüht haben oder dafür unzumutbar viel zahlen müssten. Elementarschadenversicherungen decken neben Flutschäden auch Schäden durch Sturm, Hagel oder Schnee ab.

Die Landesregierung unterstützt den Kurs: „Privatleute müssen für ihr Eigentum selbst vorsorgen“, sagt Regierungssprecher Matthias Schuppe. Das Land leiste etwa beim Hochwasserschutz bereits einen großen Beitrag. So würden allein zwischen 2013 und 2017 283 Millionen Euro investiert, sagt Schuppe.

Die veränderte Risikolage für Flutereignisse könnte nach Ansicht der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt nun aber dafür sorgen, dass die Preise für Policen steigen. „Für bestimmte Grundstücke wird es teurer oder schwieriger, eine bezahlbare Versicherung zu bekommen“, sagt Referent Sven Kretzschmar.

Die Versicherer weisen das zurück. Die Kostenspanne für eine Elementarschadenversicherung belaufe sich „regelmäßig auf deutlich unter 100 Euro im Jahr“, sagt Christian Ponzel, Sprecher des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GdV). Der GdV führt zudem eine eigene Risikobewertung an: Obwohl die Zahl der Grundstücke mit besonders hohem Überflutungsrisiko gestiegen sei, habe die Gesamtzahl der als gefährdet geltenden Adressen abgenommen, so Ponzel.

In der Debatte greift die SPD-Landtagsfraktion mit der Pflichtversicherung für Elementarschäden unterdessen eine alte Idee wieder auf. „Wenn sich alle Immobilienbesitzer versichern müssen, könnten auch in Hochrisikogebieten die Prämien in einem sozialverträglichen Rahmen gehalten werden“, sagt Fraktionschefin Katja Pähle. Auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) und Thüringens Landeschef Bodo Ramelow (Die Linke) sprachen sich zuletzt für das Modell aus. Es gibt allerdings verfassungsrechtliche Bedenken. In Baden-Württemberg hatten Richter die Pflichtversicherung in den 90er Jahren gekippt.