1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Museen suchen in Beständen nach Raubkunst

Forschung Museen suchen in Beständen nach Raubkunst

Museen in Sachsen-Anhalt wissen oft nicht, ob sie geplündertes NS-Raubgut in ihren Beständen haben. Ein Check soll Klarheit bringen.

04.03.2019, 09:42

Magdeburg (dpa) l Museen in Sachsen-Anhalt suchen derzeit in ihren Beständen nach NS-Raubkunst. An der sogenannten Aktion Erstcheck beteiligen sich 17 kleine und mittlere Museen. Getragen wird das Projekt vom Museumsverband mit Unterstützung des Landes Sachsen-Anhalt und der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste, wie der Verband mitteilte. Einen solchen Erstcheck hatte es auch schon bei Bibliotheken des Landes Sachsen-Anhalt gegeben.

Als Provenienzforscherin ist die Kunsthistorikerin Sabine Breer bereits an 12 der 17 Museen gewesen, um der "Biografie" von Objekten nachzuspüren. Aktuell ist gerade das Museum Schloß Lützen (Burgenlandkreis) als 13. Einrichtung im Focus. "Ich schaue mir die Bestände an, die Inventarbücher und andere schriftliche Quellen" sagte sie. Konkret gehe es um die Gegenstände, die von 1933 bis 1945 in die Museen kamen.

Die Wissenschaftlerin gibt anschließend in ihrem jeweiligen Abschlussbericht Empfehlungen ab, ob genauere Untersuchungen zur Herkunft angestellt werden sollten. Bei drei Museen habe sie beispielsweise jüdische Gegenstände – Judaica – gefunden. Das könne auf Raubgut hindeuten, sagte Breer.

Bei anderen Museen fanden sich Gegenstände von Freimaurerlogen. Das müsse aber nicht immer Raubgut sein. Nach dem Verbot der Freimaurer durch die Nazis seien manche Gegenstände sicher auch einfach zu Hause behalten worden, sagte die Kunsthistorikerin, die ihre Arbeit als ersten Schritt zur eigentlichen Provenienzforschung sieht.

Breer hat auch Objekte mit außereuropäischer Herkunft im Blick, etwa aus ehemaligen Kolonien. Und sie erforscht die Geschichte der Museen. Damit könne geklärt werden, inwieweit das damalige Personal mit dem NS-Regime verknüpft war. Die Arbeit der Kunsthistorikerin läuft noch bis Mitte Oktober 2019.

Die Forschungsmethode des Erstchecks wurde laut Breer 2013 vom Museumsverband des Landes Brandenburg für kleine und mittlere Häuser mit dünner Finanz- und Personaldecke entwickelt. Der Erstcheck solle klären, ob weiterer Forschungsbedarf besteht, betonte die Wissenschaftlerin. Mitunter lasse sich die Herkunft von Objekten auch gar nicht mehr ermitteln.

Ein Beispiel dafür gibt es etwa im Kunstmuseum Moritzburg in Halle, das die Provenienz seiner Sammlung geprüft hat. Dabei fanden sich Silbergegenstände aus jüdischem Besitz, die die Stadt einst zum Metallwert angekauft hatte.

Da sich die rechtmäßigen Besitzer beziehungsweise Erben nicht ermitteln ließen, gab das Museum die Gegenstände an die Claims Conference, die Entschädigungsansprüche jüdischer NS-Opfer vertritt. Das Gremium überließ dem Museum die Gegenstände schließlich als Leihgabe. Der Chef des Museumsverbandes, Ulf Dräger, der selbst an der Moritzburg tätig ist, hatte dies "Modellfall" bezeichnet.