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Forschungsprojekt Mittel gegen Schimmel an Orgeln gesucht

Die Orgel wird auch Königin der Instrumente genannt. Vielen Königinnen in den Kirchen geht es aber gar nicht gut. Schimmel setzt ihnen zu.

11.02.2019, 13:07

Magdeburg/Erfurt (dpa) l Evangelische und katholische Kirchen in Sachsen-Anhalt und Thüringen suchen nach Mitteln und Wegen gegen Schimmelbildung an ihren Orgeln. Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) setzt ein 2014 gestartetes Forschungsprojekt fort. Nach der Untersuchung der Ursachen soll es nun um konkrete Maßnahmen gegen den Schimmel gehen, teilte die EKM mit. Das Folgeprojekt laufe bis zum Jahr 2021. Konkrete Zahlen, wie viele Orgeln in evangelischen und katholischen Kirchen genau betroffen sind, gibt es noch nicht.

Seit etwa zwei Jahrzehnten wird vermehrt Schimmel an Orgeln in Mitteldeutschland festgestellt – nicht nur an alten, auch an neuen Instrumenten. Die EKM hat 4000 Orgeln, mehr als 90 Prozent davon sind historisch. Aber auch die katholischen Kirchengemeinden stellen bei sich vermehrt Schimmelbildung an der Königin der Instrumente fest. Eine Sprecherin des katholischen Bistums Magdeburg erklärte: "Leider sind nicht alle Fälle von betroffenen Instrumenten bekannt und vielerorts fehlen auch die finanziellen Mittel, die Instrumente dann einer entsprechend aufwendigen und kostspieligen Reinigung zu unterziehen." Es handele sich um ein ernstes Thema.

Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Orgelbaumeister, Thomas Jann, spricht von einem deutschlandweiten Problem, das aber auch in Österreich und in angrenzenden Ländern auftrete. Rund 30 Prozent der Orgeln seien inzwischen betroffen, sagte Jann. "Das ist ein Problem, das plötzlich auf uns zugekommen ist." Es habe zunächst sehr viel Aufregung darum gegeben, die habe sich inzwischen gelegt – auch nach den Untersuchungen der EKM.

Inzwischen sei bekannt, dass der Schimmel für gesunde Menschen nicht bedrohlich sei – auch nicht für die Organisten oder die Orgelbauer. Er könne aber – je nach Intensität – die Pfeifen der Instrumente so zusetzen, dass sich ihr Klang verändere und sie im Extremfall sogar verstummten. Allerdings sei der Befall ganz unterschiedlich stark – von Stockflecken mit etwas Schimmel bis zu einem dicken, weißen Flaum an allen Holzteilen, berichtete Jann.

Im ersten Teil des EKM-Forschungsprojekts war deutlich geworden, dass es nicht nur einen Grund für die Schimmelbildung gibt, sondern jeweils mehrere Faktoren. Dazu gehörten das Klima in den Kirchengebäuden, Staubablagerungen, verwendete Baustoffe und Pflegemittel und bauliche Veränderungen wie etwa dichtere Fenster oder neue Heizungssysteme. "Schimmel ist ein Indikator für zu feuchte Kirchen", fasst Orgelbauer Jann zusammen. Sinnvoll sei, die Kirchen besser zu lüften.

Die Sprecherin des katholischen Bistums Magdeburg schilderte das Problem so: "In vielen Kirchen unseres Bistums gibt es leider keine Heizungsanlagen, so dass gerade nach kalten Wintermonaten die Luftfeuchtigkeit im Raum mit Beginn des Frühjahres sehr stark ansteigt." Weil teilweise nicht ausreichend gelüftet werde, bilde sich auch an den Orgelgehäusen Schimmel, der in absehbarer Zeit entfernt werden müsse.

Im zweiten Teil ihres Forschungsprojekts will die EKM nun im Labor das Wachstum unterschiedlicher Pilze auf unterschiedlichen Werkstoffen und bei unterschiedlichen klimatischen Verhältnissen untersuchen lassen. So soll auch die Wirksamkeit von Behandlungsverfahren geprüft werden. Unter die Lupe genommen werden sollen die Wirkung von Lüftung und Temperierung von Kirchenräumen wie auch die Behandlung mit Fungiziden.

Insgesamt hat die EKM nach eigenen Angaben 290.000 Euro für das Projekt eingeplant. Davon kommen 120.000 Euro von der Deutschen Stiftung Umwelt. Unterstützung komme auch vom Erzbistum Paderborn, dem Bistum Fulda, dem Thüringer Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie sowie von der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsen.

Das katholische Bistum Erfurt hofft ebenfalls auf die Ergebnisse aus dem EKM-Forschungsprojekt. Dort sind mindestens vier Orgeln bekannt, bei denen ein Schimmelbefall festgestellt wurde. Bei zweien wurden Proben entnommen, wie Bistumssprecher Peter Weidemann sagte. "In Suhl und Sömmerda wurde der Schimmel bei Wartungsarbeiten an den Orgeln entdeckt." In allen bekannten Fällen sei der Schimmel inzwischen beseitigt worden. Weidemann wollte aber nicht ausschließen, dass in den mehreren Hundert Kirchen und Kapellen im Bistum noch weitere betroffene Orgeln zu finden sein könnten. Das Forschungsprojekt der EKM werde also allen Orgeln nützen.