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Fünfte Klassen Sekundarschulen hängen Gymnasien ab

In Sachsen-Anhalt lernen wieder mehr Schüler an Sekundarschulen. Das Handwerk atmet angesichts potenziell steigender Azubi-Zahlen auf.

Von Alexander Walter 20.07.2018, 22:55

Magdeburg l Für Einrichtungen wie die wegen ihrer Berufsorientierung preisgekrönte Gutenberg-Gemeinschaftsschule in Wolmirstedt muss die Nachricht wie eine Bestätigung klingen: Galt das Gymnasium vielen Eltern lange als das Maß der Dinge bei der Schulbildung ihrer Kinder, scheint sich das gerade zu ändern.

Nach Zahlen des Bildungsministeriums werden im neuen Schuljahr erstmals seit langem wieder mehr als 51 Prozent der angehenden knapp 17.000 Fünftklässler auf eine Sekundar- oder Gemeinschaftsschule wechseln. Das sind gut 8600 Schüler – 1400 mehr als noch 2014/15. Gleichzeitig wollen nur noch 42 Prozent auf ein Gymnasium. Vor fünf Jahren sah das noch anders aus: Damals lagen Sekundarschulen und Gymnasien fast gleichauf, bei jeweils 47 Prozent.

Die Bewertungen des Trends gehen auseinander: „Die Verschiebungen auf dem Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren haben sicher dazu beigetragen, die Abschlüsse der Sekundar- und Gemeinschaftsschulen attraktiver zu machen“, sagte Bildungsstaatssekretärin Eva Feußner (CDU). Die Handwerkskammer Magdeburg, Vertreterin von 12.700 Handwerksbetrieben im Landesnorden, zeigte sich erleichtert. „Mehr als 80 Prozent der Auszubildenden im Handwerk haben einen Haupt- oder Realschulabschluss“, sagte die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin Romy Meseberg. Die über Jahre von der Politik forcierte Erhöhung des Anteils von Gymnasiasten habe den Nachwuchs im Handwerk einbrechen lassen. Es sei positiv, wenn sich das ändere.

Der Sekundarschulverband beurteilt die Verschiebung als Beleg für die wieder gestiegene Wertschätzung der Sekundarschulen. Als einzige Schulform bereite diese hochwertig und in kürzester Zeit auf den Beruf vor, so Chefin Claudia Diepenbrock.

Linken-Fraktionschef Thomas Lippmann warnt vor einer Überinterpretation: Fast ein Drittel der Steigerung sei durch den Zuzug von Migranten zu erklären, die besonders häufig Sekundarschulen zugewiesen würden. Außerdem hätten die Gymnasien Schüleranteile an Förderschulen verloren. Nur beim Rest sei vorstellbar, dass Eltern vor allem Gemeinschaftsschulen dem Gymnasium vorziehen. Die erst 2013 im Land eingeführten Gemeinschaftsschulen bieten Haupt-, Realschulabschluss und künftig oft auch das Abitur unter einem Dach an. Mit der Anwahl der Schulform sei aber nicht bekannt, für welchen Abschluss sich Schüler am Ende entscheiden, sagte Lippmann. „Das Handwerk könnte sich zu früh gefreut haben.“

Zum Kommentar "Werben für mehr Wertschätzung" von Alexander Walter