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Gastronomie Rollende Kneipe

Zwei Sachsen-Anhalter fahren mit einem selbst umgebauten Kneipenbus durch Orte, in denen nicht viel los ist.

Von Elisa Sowieja 04.09.2017, 01:01

Mansfeld l Raus mit den Haltestangen und altbackenen Sitzen, rein mit Bar und Lounge-Bank: Vor ein paar Jahren karrte der 18 Meter lange Neoplan-Bus noch Bahnfahrer als Schienenersatzverkehr durch Nordrhein-Westfalen. Vor vier Monaten haben Sebastian Zierbock und Michel Töpfer ihn im Internet entdeckt, ins Mansfelder Land geholt und begonnen, in einen Kneipenbus umzumodeln. Nicht, dass sie irgendwelche Erfahrung im Fahrzeug-Umbau hätten. Aber sie haben nun mal diesen Plan: eine mobile Kneipe, die aufs platte Land fährt und die Leute mit Bier und Feinschmecker-Snacks versorgt.

Mit Gastronomie wiederum kennen sich die beiden aus. Zwar arbeiteten sie zuletzt in der IT-Branche – einer als Informatiker, der andere als Grafikdesigner. Aber Sebastian Zierbock, 28, hat früher jahrelang gekellnert und gekocht. Und Michel Töpfer, 29, ist in einer Kneipenfamilie groß geworden. Auf ihre Bürojobs hatten sie irgendwann keine Lust mehr. „Wir wollten etwas Neues machen“, erzählt Zierbock.

In einer Zeit, in der immer mehr Wirte das Handtuch werfen – zuletzt machte binnen zehn Jahren jede vierte Kneipe in Deutschland dicht –, betraten sie ein gewagtes Feld. Die beiden waren trotzdem überzeugt, dass ihr Konzept funktioniert. „Die Leute wollen ständig etwas Neues – und wenn wir irgendwo hinfahren, sind wir immer neu.“ Sie schmissen ihre Ersparnisse zusammen und liehen sich noch einen Teil bei Freunden. Insgesamt flossen in den Bus 30.000 Euro, sagt Zierbock. Entstanden ist ein feuerrotes Gefährt mit drei Abteilungen: Hinten eine Lounge zum Lümmeln, in der Mitte die Bar, vorn eine Küche.

Dort werden ausgefallene Burger und Wraps gebaut, zum Beispiel mit argentinischem Rind und Käsesoße. Damit schwimmen die beiden auf der Trendwelle Streetfood; inzwischen stand ja in fast jeder Stadt schon mal der Marktplatz voll mit Delikatessenverkäufern in Trucks, beworben als „Streetfood Festival“.

Für eine Toilette war beim besten Willen kein Platz mehr. In den Busch verschwinden müssen Kneipengäste aber nicht: Die Mansfelder fahren Plätze an, die ein Örtchen zum Anmieten in der Nähe haben. Genauer gesagt: Sie lassen fahren. Denn noch stecken sie mitten in den Pflichtstunden für ihren Busführerschein. Praktischerweise haben die beiden einen Freund, dem eine Spedition gehört. Für ein paar Feierabend-Bierchen hilft der erstmal als Fahrer aus.

Auch wenn der rollende Kneipenbus noch nicht fix und fertig ist – es fehlen noch ein paar Verkleidungen –, geht er seit Juli an den Wochenenden auf Tour. Das hat sich schnell herumgesprochen. „Wir haben schon Termine bis in den Dezember hinein“, sagt Zierbock. Bisher sind das vor allem Volksfeste und Festivals, aber auch Privatfeiern, für die der Bus gebucht wird – so wie neulich zum 60. Geburstag eines – wie passend – Busfahrers.

Die ursprüngliche Idee, an einem öden Freitagabend auf dem Marktplatz von Kleinkleckersdorf aufzuschlagen, konnten die Mansfelder allerdings noch nicht umsetzen. „Wir sind noch im Gespräch mit den Ämtern.“ Die müssten klären, wie man mit einer rollende Kneipe umgeht.

Für die Zukunft haben die beiden noch mehr geplant: Bisher erstreckt sich ihr Radius über Sachsen-Anhalt und bis nach Leipzig. „Wenn der Umbau fertig ist und wir den Führerschein haben, wollen wir ganz Deutschland und deutschsprachige Länder anfahren.“

Weitere Infos gibt‘s auf der Facebook-Seite Sonderfahrt.