Sachsen-Anhalts Verfassungsschutz wird neu aufgestellt Geheimdienst soll weniger geheim sein
Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) will den Verfassungsschutz im Land neu aufstellen. Dazu hat er ein Acht-Punkte-Programm vorgelegt. Die Opposition fordert die Abschaffung des Verfassungsschutzes.
Magdeburg l Stahlknecht will die Strukturen im Verfassungsschutz verbessern und die Arbeit der Behörde transparenter machen. In einer Landtagsdebatte sagte er gestern, Beschaffung und Auswertung von Informationen würden zusammengelegt. Der Verfassungsschutz soll in Zukunft rund um die Uhr erreichbar sein, etwa mit Blick auf das Aussteigerprogramm.
Stahlknecht regte eine Debatte über die Einrichtung eines gemeinsamen Sicherheitszentrums von Polizei und Verfassungsschutz an. Die Zusammenarbeit mit Brandenburg, Sachsen und Thüringen werde verstärkt. Die Öffentlichkeitsarbeit soll breiter aufgestellt und das Internet stärker ins Visier genommen werden.
"Aufklärungsprozesse sind immer dynamisch."
Innenminister Stahlknecht, CDU
Für eine bessere Kommunikation, etwa mit den parlamentarischen Kontrollgremien, wird im Verfassungsschutz eine Stabsstelle geschaffen. Kritik an seiner Informationspolitik wies Stahlknecht zurück. Er könne beim Thema Verfassungsschutz die Öffentlichkeit nicht über alles unterrichten. Das würde das Leben von V-Leuten gefährden.
Der Minister griff auch die Kritik an der Aktenführung beim Verfassungsschutz auf. "Aufklärungsprozesse sind immer dynamisch und bringen neue Erkenntnisse", sagte er. "Wir werden daher immer wieder erleben, dass im laufenden Verfahren Akten auftauchen."
Die Grünen verlangten eine lückenlose Aufklärung möglicher Verbindungen der NSU ins Land. "Sachsen-Anhalt muss endlich reinen Tisch machen", sagte Sebastian Striegel. Man stehe erst am Anfang der Aufklärung. Und: "Das System Verfassungsschutz hat sich überlebt." Die Behörde müsse "mittelfristig" abgeschafft werden.
"Sachsen-Anhalt muss reinen Tisch machen."
Sebastian Striegel, Grüne
Die Linken-Abgeordnete Eva von Angern sagte: "Die Lage ist zwischenzeitlich so ernst, dass nur noch durch die uneingeschränkte, die schonungslose und entschlossene Aufklärung durch die Parlamente auf Landes- und Bundesebene versucht werden kann, Vertrauen wiederherzustellen." Auch sie forderte die Abschaffung der Verfassungsschutzämter.
"Wir brauchen einen modernen Verfassungsschutz", sagte Rüdiger Erben (SPD). "Der Verfassungsschutz muss fit gemacht werden für den Schutz der Demokratie. Wir brauchen einen Mentalitätswechsel - weg vom Schlapphut-Image, hin zu einem Frühwarn-System." Erben forderte, den Einsatz von V-Leuten gesetzlich zu regeln. Zugleich sprach er sich dafür aus, "die parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes auszuweiten".
Frank Bommersbach (CDU)sagte, einigen gehe es nicht um Aufklärung, sondern um Skandalisierung - "mit dem Ziel, die Gunst der Stunde zu nutzen, den Verfassungsschutz endlich abschaffen zu können. Und da ist jedes Mittel recht". Seite 2