1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Zahnärzte auf der Anklagebank

Gericht Zahnärzte auf der Anklagebank

In Halle stehen zwei Zahnärzte vor Gericht. Sie sollen über Jahre falsche Rechnungen für Leistungen gestellt haben.

Von Alexander Walter 22.03.2017, 00:01

Magdeburg l Einmal behandelt, doppelt kassiert? Mit einem besonders schwerwiegenden Fall von Abrechnungsbetrug durch Mediziner befasst sich seit Dienstag das Landgericht Halle. Angeklagt sind zwei Zahnärzte aus Dessau-Roßlau. Ihnen wird erwerbsmäßiger Betrug in 42 Fällen vorgeworfen. „Bei einer Verurteilung drohen Freiheitsstrafen bis zu 15 Jahren“, sagte Gerichtssprecher Wolfgang Ehm.

Zwischen 2006 und 2011 sollen der Mann und die Frau, die in einer Gemeinschaftspraxis arbeiteten, die Krankenkasse durch falsche Abrechnungen betrogen haben. Den Schaden beziffert die Staatsanwaltschaft auf rund 130.000 Euro.

Das Ausmaß ist in dieser Dimension laut Kassenzahnärztlicher Vereinigung (KZV) einzigartig. Allerdings ermittelt die Staatsanwaltschaft Halle in mehreren ähnlichen Fällen sowohl gegen Zahnärzte als auch gegen andere Mediziner, sagte Sprecher Dennis Cernota. Eine Staatsanwältin im Haus habe sich eigens auf solche Fälle spezialisiert.

Wie dreist solche Betrügereien mitunter ablaufen, zeigt das mutmaßliche Vorgehen der beiden Zahnärzte aus Dessau-Roßlau: Einer der beiden Ärzte soll dabei Patienten behandelt haben, etwa indem ein Zahn aufgebohrt und dann mit einer Plombe verfüllt wurde. Anschließend soll auch die zweite Praxis im Haus eine Rechnung an die Krankenkasse geschickt haben, obwohl dort gar keine Behandlung stattgefunden hatte. Auf diese Weise sollen die Zahnmediziner über Jahre Honorar doppelt kassiert haben.

Weil die KZV Zahnarztabrechnungen lange nur stichprobenartig hinterfragte, blieb der mutmaßliche Betrug über Jahre verborgen. „Die Vorwürfe sind das Ergebnis einer sogenannten Plausibilitätsprüfung der Abrechnungen, die erst seit 2010 flächendeckend mit einer entsprechenden Software ausgeführt werden konnte“, sagt Torsten Jahnel, Abteilungsleiter Recht bei der KZV.

Es folgten umfangreiche Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, und so dauerte es erneut sechs Jahre, bis der Fall nun vor Gericht landete.

Beim Prozessauftakt am Landgericht Halle äußerten sich die Angeklagten am Dienstag nicht zu den Vorwürfen. Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Richter diskutierten allerdings eine einvernehmliche Klärung des Verfahrens. Diese sähe eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung vor, sollten die Angeklagten die Taten vollständig gestehen, sagte Gerichtssprecher Wolfgang Ehm.

Die Ärztin könnte in diesem Fall zudem ihre kassenärztliche Zulassung behalten. Der Arzt hatte seine Zulassung bereits 2011 abgegeben – kurz nachdem die KZV Strafanzeige gestellt hatte.

Für diese Lösung spricht, dass die Angeklagten bereits Geld im sechsstelligen Bereich zur Wiedergutmachung des Schadens an die KZV zurückgezahlt haben. Der für neun Verhandlungstage angesetzte Prozess könnte sich damit erheblich verkürzen.