1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Bürger holen sich ihr Geld zurück

Grundsteuer Bürger holen sich ihr Geld zurück

Vertrag ist Vertrag - die Kommunen müssen finanzielle Zusicherungen für Ortschaften aus der Zeit der Gemeindegebietsreform einhalten.

15.06.2017, 23:01

Magdeburg l Mehrere Bürger der Stadt Oberharz am Brocken erhalten Teile der Grundsteuer B zurück. Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat entschieden, dass die Stadt die Abgabe für bebaute Wohngrundstücke zu Unrecht erhöht hat.

Zur Gemeindegebietsreform 2009/2010 trafen viele Gemeinden finanzielle Absprachen. Den Verlust der Eigenständigkeit ließen sich manche Ortschaften mit über Jahre zugesicherten Hebesätzen für Grund- und Gewerbesteuer versüßen. Bis 2019 sollte das auch im Oberharzer Ortsteil Hasselfelde so sein (Grundsteuerhebesatz: 400).

Aufgrund der schlechten Haushaltslage entschied der Stadtrat jedoch, die Steuern ab 2015 anzuheben (470). Statt 290 Euro sollte ein Grundstücksbesitzer aus Hasselfelde nun 340 Euro zahlen. Gemeinsam mit 21 anderen klagte dieser dagegen – und bekam Recht. Die schlechte Haushaltslage sei bereits zur Gemeindereform bekannt gewesen, begründeten die Richter. Die Stadt könne andere Möglichkeiten zur Erhöhung ihrer Einnahmen nutzen, zum Beispiel Bäder schließen oder Zuschüsse an Vereine kürzen.

Die Richter bestätigten damit vorherige Urteile, mit denen sie bereits Verstöße gegen die Zusicherungen gerügt hatten. Im Januar gewannen zwei Firmen ein Verfahren gegen die Stadt Osterwieck, die die Gewerbesteuer 2014 entgegen der Absprache erhöht hatte.

„Das Problem sind vielfach die Kommunalaufsichten“, kritisiert Jürgen Leindecker vom Städte- und Gemeindebund. Diese fordern von Kommunen in Finanznot oft Steuererhöhungen. Auch wer Liquiditätshilfen des Landes möchte, muss in der Regel höhere Abgaben verlangen. „Für uns ist das schwierig. Wir wollen sämtliche Möglichkeiten ausschöpfen, können das aufgrund der Verträge aber nicht“, sagt der Oberharzer Bürgermeister Frank Damsch (SPD). Durch das Urteil gehen seiner Stadt 150.000 Euro pro Jahr verloren.

Die Linke sieht den Druck auf die Gemeinden kritisch. Fraktionschef Swen Knöchel sagt: „Die Politik kann nicht so weitermachen, als gäbe es die alten Verträge nicht.“ Das Innenministerium müsse die Kommunalaufsichten dazu anhalten, dass die Vereinbarungen eingehalten werden. Auch Olaf Meister (Grüne) sieht das so. „Die Gerichtsurteile verdeutlichen, dass Verträge einzuhalten sind“, sagt er. „Die Kommunalaufsichten müssen das berücksichtigen.“

Die oberste Aufsichtsbehörde der Kommunen, das Haus von Innenminister Holger Stahlknecht (CDU), sah sich am Donnerstag nicht zu einer Stellungnahme in der Lage. Kommunal-Abteilungsleiterin Christa Dieckmann hatte in der Vergangenheit betont, dass die Gerichte „noch nicht jeden Fall ausgeurteilt“ hätten. „Wir prüfen aber, ob die Regeln angepasst werden müssen.“