1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Landtag darf keine Brüllbude werden

Güssau Landtag darf keine Brüllbude werden

Landtagspräsident Hardy Peter Güssau (CDU) sieht mit dem Einzug der AfD ins Parlament die politische Kultur verändert. Er will gegensteuern.

Von Jens Schmidt 18.06.2016, 01:01

Magdeburg l Die Kontroversen sind schärfer geworden, seitdem mit der AfD nun auch auf der rechten Seite des Parlaments eine starke Oppositionsfraktion sitzt. Der im April ins Präsidentenamt gewählte Hardy Peter Güssau hat gleich zu Beginn der Wahlperiode einige Konflikte zu meistern. „Meine größte Sorge ist es, dass der Parlamentsbetrieb bedroht ist“, sagte Güssau im Gespräch mit der Volksstimme.

So verließ die komplette AfD-Fraktion gleich bei der ersten Sitzung im Mai den Saal, um bei einer Abwasser-Demo an der Seite wütender Hausbesitzer zu stehen - während die anderen Fraktionen üblicherweise nur einige Abgeordnete schickten. Kurz darauf kam es zu einer scharfen Kontroverse, da von einem AfD-Abgeordneten ein schwulenfeindlicher Zwischenruf protokolliert wurde. Nun wird geklärt, was er gemeint hat. „Ich werde darauf achten, dass die parlamentarischen Regeln von allen eingehalten werden und dass eine angemessene Streitkultur nicht abhandenkommt“, sagte Güssau.

Auch die Etikette soll stimmen. Ein anderer AfD-Mann sorgt für Unmut, da er auf seine Bürotür im Landtag ein „Merkel-Muss-Weg“-Schild geklebt hat. Losungen an Landtagstüren duldet der Präsident nicht. Jetzt werden die Büros aller Fraktionen inspiziert. „Ich bin ein gerechter Präsident und bin für klare Kante – die für alle gilt.“

Debatten sollen lebhaft sein und müssen mitunter auch scharf geführt werden, doch Güssau zieht auch Grenzen. „Der Landtag darf nicht zur Brüllbude werden“, sagt er. Daher gibt es auch eine Neuerung: Der Präsident hat an seinem Tisch einen Knopf einbauen lassen, mit dem er das Mikro am Rednerpult notfalls ausstellen kann, falls ein Abgeordneter die Fassung verliert oder nicht zu Ende kommen will. Überhaupt plädiert der Präsident für mehr Effizienz: „Es stellt sich die Frage, ob immer jede Fraktion zu jedem Sinnlos-Antrag Stellung beziehen muss. Etwa bei der von der AfD angestoßenen Debatte um eine angebliche Abschaffung des Bargelds.“

Ein gemeinsames Agieren aller Fraktionen gegen die AfD erwartet Güssau aber nicht, „Nein, diese Fraktionen bilden nicht eine Nationalen Front wie zu DDR-Zeiten.“

Güssau glaubt, dass das harte Auftreten der AfD die Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen enger zusammenschweißt. „Die AfD grenzt sich ab, sie baut keine Brücken.“ Eine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD sei schwer vorstellbar, „eine Koalition schließe ich aus“.