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Kriminalität Gullydeckel und Steine landen im Abgeordnetenbüro

Von Matthias Fricke 20.07.2015, 02:57

Merseburg l Immer häufiger werden Politikerbüros in Sachsen-Anhalt zur Zielscheibe von Sachbeschädigungen und Farbschmierereien. Besonders betroffen sind aktuell vor allem Büros im Süden des Landes. Die Angriffe auf die Büros in Merseburg in der Nacht zum Sonnabend sind längst kein Einzelfall mehr.

Dagmar Zoschke von der Landtagsfraktion Die Linke findet es "furchtbar, was hier passiert." Was sie meint, sind die wiederholten Angriffe auf ihr und andere Büros in Bitterfeld. Bereits viermal haben in diesem Jahr Unbekannte schwere Geschosse, wie Gullydeckel, durch das Fenster der Abgeordnetenbüros geworfen. Auch Schmierereien wie "Assi" und ein "falsches Antifa-A" gehörten dazu. In einem Nachbarbüro folgte dem Gullydeckel auch Reizgas, obwohl noch ein Mitarbeiter vor Ort war. Er kam mit einer Rötung der Augen davon. Doch es hätte schlimmer kommen können.

Aus diesem Grund ermittelt der Staatsschutz der Polizeidirektion Ost in Dessau-Roßlau inzwischen auch wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung. Von den Angriffen gegen Abgeordnetenbüros ist auch der Grünen Landespolitiker Sebastian Striegel betroffen. Er vermutet wie die Linkenpolitikerin einen Angriff durch Rechtsradikale. Die Grünen sind in Bitterfeld in zwei Fällen von den Angriffen betroffen. Auch in Merseburg hat Striegel bereits Erfahrung damit gesammelt. "Das ist die Art, wie Neonazis Andersdenke einschüchtern wollen", sagt Striegel.

Die Polizei gerät angesichts der Häufung in den vergangenen Wochen zunehmend unter Druck.

Ermittlungsergebnisse gibt es noch keine, sagt der Polizeisprecher der Polizeidirektion Ost, Ralf Moritz, auf Nachfrage. "Inzwischen haben wir aber im Bereich der beiden Büros Videokameras geschaltet", sagt er.

Ebenso tappt die Polizei nach den Farbanschlägen Mitte Juni auf ein Büro der Bundestagabgeordneten Christoph Bergner (CDU) und Karamba Diaby (SPD) im Dunkeln. "Es gibt noch keine Hinweise darauf, wer die Sachbeschädigungen begangen haben könnte", so Polizeikommissarin Lisa Wirth vom Polizeirevier Halle.

Das Landeskriminalamt hat in diesem Jahr schon jetzt mindestens zwölf solcher Angriffe gegen Abgeordnetenbüros erfasst. Das sind zwei mehr als jeweils in den beiden Vorjahren insgesamt. Besonders häufig betroffen sind die Parteien Bündnis 90/Grüne und Die Linke. LKA-Sprecher Andreas von Koß schränkt bei den erhobenen Zahlen aber ein: "Eine genaue Statistik wird im Landeskriminalamt dazu nicht geführt." Es könnten demnach auch noch mehr Fälle sein.

Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) sagt angesichts der Entwicklung: "Wir tun alles zum Schutz der Büros, auch mit Videoüberwachung. Aber wir können natürlich keinen Polizisten vor die Tür stellen." Diese Straftaten seien aber ein Angriff auf die Demokratie.