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Häusliche Pflege Wer nach Tarif zahlt, ist im Nachteil

Die Pflegedienste der Caritas in Sachsen-Anhalt fordern mehr Geld von den Versicherungen für die häusliche Krankenpflege.

Von Elisa Sowieja 10.05.2017, 01:01

Magdeburg l Die ambulanten Pflegedienste der Caritas in Sachsen-Anhalt müssen immer häufiger Patienten abweisen. Das erklärte der Direktor der Caritas im Bistum Magdeburg, Klaus Skalitz, bei der Tagung des Bundesverbandes Katholischer Altenhilfe (VKAD), die seit Dienstag in Magdeburg läuft. Grund sind ihm zufolge zu niedrige Zuweisungen der Krankenkassen für die häusliche Krankenpflege.

Denn die Kassen tragen bei Lohnerhöhungen nur die bundesweite Steigerung aller beitragspflichtigen Löhne mit. Bei Pflegediensten, die nach Tarif zahlen, fällt die Steigerung jedoch höher aus – um jährlich etwa ein bis zwei Prozent. So entsteht eine immer größere Lücke in ihren Finanzen, die von den Kassen nur zum Teil und nach zähen Verhandlungen geschlossen wird. „In der Folge gab es in den vergangenen Jahren immer mehr Arbeitsverdichtung“, sagt Skalitz. Sprich: Die Mitarbeiter müssen mehr Patienten betreuen, um die Differenz auszugleichen. Bei vielen sei inzwischen eine Grenze erreicht.

Das Problem mache sich bundesweit bemerkbar, vor allem im ländlichen Raum, sagt die stellvertretende Vorstandsvorsitzende des VKAD, Eva-Maria Güthoff: „Es gibt Patienten, die zehn Pflegedienste anrufen, bis sie eine Zusage erhalten.“ Ihr Verband fordert daher, im Bundessozialgesetz festzulegen, dass sich die Kassen bei der Vergütung der häuslichen Krankenpflege – also medizinischer Leistungen wie Spritzen oder Wundversorgung – an die Tarife halten müssen.

Der Verband der Ersatzkassen in Sachsen-Anhalt will sich derzeit nicht zu den Vergütungen äußern, da aktuell wieder Verhandlungen laufen. Ein Sprecher verweist allerdings darauf, dass Krankenkassen an die Beitragssatzstabilität gebunden sind – also im Sinne ihrer Versicherten nicht zu viel Geld ausgeben dürfen. Zudem gebe es bei der Vergütung auch Ausnahmen.

Das Sozialministerium des Landes gibt sich in Bezug auf eine gesetzliche Verpflichtung zurückhaltend. Es verweist ebenfalls auf Ausnahmen und auf die Stabilität der Krankenkassenbeiträge. Man müsse genau abwägen, ob man von den Regelungen abweiche, sagt eine Sprecherin.

In Sachsen-Anhalt sind rund 99.000 Menschen pflegebedürftig – und es werden immer mehr: Binnen zwei Jahren stieg die Zahl um sieben Prozent. Jeder Vierte von ihnen wird durch einen der rund 560 ambulanten Dienste versorgt.

Die Caritas ist Träger von 16 solcher Einrichtungen. Dort ist bei der jüngsten Tariferhöung das Grundgehalt eines einfachen ambulanten Pflegers (mit Ausbildung) auf zweiter Gehaltsstufe um gut 60 auf 2800 Euro gestiegen. Diese Erhöhungen seien nicht nur aus christlicher Sicht wichtig, sagt Klaus Skalitz: „Wir haben einen Fachkräftemangel.“