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Halle-Attentat Schüsse auf Jana L. waren sofort tödlich

Beim 16. Prozesstag gegen den Halle-Attentäter Stephan B. sagten Experten und BKA-Ermittler aus. Rund um das Gericht gab es Kundgebungen.

Von Matthias Fricke 13.10.2020, 20:18

Magdeburg l Zum 16. Prozesstag gegen den Halle Attentäter haben gestern am Magdeburger Landgericht die Rechtsmediziner ihre Gutachten zu den beiden Todesopfern Jana L. (40) und Kevin S. (20) abgegeben.

Die Passantin aus Halle war damals durch den Rechtsterroristen Stephan B. auf der Straße vor der Synagoge am 9. Oktober 2019 von hinten aus seiner selbstgebauten Maschinenpistole erschossen worden.

Später gab er auf das bereits am Boden liegende Opfer noch einen weiteren Feuerstoß ab. Laut Rechtsmediziner Dr. Marco Weber war die Frau in wenigen Sekunden schon nach dem ersten Feuerstoß tot. Eine verletzte Aorta und massive Verletzungen wesentlicher Organe habe zum Einatmen des Blutes und einer Luftembolie geführt. Insgesamt wurden 18 Schussverletzungen gezählt, darunter elf Durchschüsse. Beim Sturz nach vorne auf das Pflaster erlitt sie auch einen Schädelbasisbruch.

Nach Angaben von Professor Rüdiger Lessig, der den toten Kevin S. aus dem Döner-Imbiss untersuchte, waren die Schüsse auf den 20-jährigen Malerlehrling beim ersten Angriff dagegen noch nicht tödlich. Erst beim zweiten Mal, als der Attentäter zurück in den Imbiss gekehrt war, hatten Durchschüsse von Herz und Lunge zum sofortigen Tod geführt.

Der Attentäter schoss auch auf Dagmar M. (51) und Jens Z. (52), weil er ein Auto als Ersatz-Fluchtwagen erbeuten wollte. Eine Sachverständige erklärte, dass die Verletzungen durch die Schüsse aus der Einzellader-Pistole in Wiedersdorf zwar nicht lebensgefährlich waren, aber „potenziell zum Tod hätten führen können“. Dagmar M. musste laut Rechtsmedizinerin ein Steckschuss aus dem Oberschenkel entfernt werden. Bei Jens Z. blieb die Kugel im Nacken stecken, die Ärzte ebenfalls herausoperieren mussten. Die Ärztin stellte Schmauchspuren fest, so dass sie von einem Nahschuss ausgeht.

Ein Gutachten des Bundeskriminalamtes (BKA) ergab zudem, dass die auf die Polizisten abgegebenen Schüsse durch Stephan B. in der Ludwig-Wucherer-Straße „potenziell tödlich“ waren. Der Attentäter hatte aus etwa 70 Meter Entfernung mit seiner Schrotflinte auf drei Polizisten geschossen. Laut Sachverständigem hätten diese Projektile um die zehn Zentimeter in die Körper eindringen können. Rechtsmediziner Lessig: „Damit hätten sämtliche lebenswichtigen Organe erreicht werden können.“

Ein BKA-Kriminalist sagte aus, dass bei den Ermittlungen insgesamt keine Hinweise auf Mitwisser oder Helfer gefunden wurden. Nach allen Zeugenaussagen ergebe sich, dass Stephan B. ein Einzelgänger war. Der Hinweis auf eine angebliche Spende von 0.1 Bitcoin (damals 750 Euro) durch eine Internetbekanntschaft, bestätigte sich nicht. Dies habe eine Untersuchung des amerikanischen FBI ergeben. Der Livestream (Tatvideo) hatte den Untersuchungen zufolge nur drei Zuschauer. Einer war in Zürich, zwei in den USA. Anhaltspunkte für eine Mitwisserschaft gab es auch hier nicht. Sie seien rein zufällig auf das Video gestoßen, so der Ermittler.

Der Prozess wird Mittwoch fortgesetzt.

Erfahren Sie mehr über die Kundgebung vor dem Landgericht Magdeburg im Videobeitrag von Videojournalistin Samantha Günther.