Halles OB muss wieder vor Gericht: BGH hebt Freispruch auf
Die schweren Vorwürfe gegen den Oberbürgermeister von Halle stehen nach Jahren wieder im Raum. Der parteilose Kommunalpolitiker muss wieder vor Gericht - dieses Mal in Magdeburg.
Karlsruhe/Halle (dpa) - Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat den Freispruch von Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) vom Vorwurf der Untreue gekippt. Der BGH hob am Dienstag das Urteil des Landgerichts Halle auf, das Wiegand Anfang 2015 von Untreue-Vorwürfen freigesprochen hatte (Az. 4 StR 440/15). Es weise durchgreifende Rechtsfehler auf, erklärte die Vorsitzende Richterin des zuständigen Strafsenats, Beate Sost-Scheible.
Wiegand bezeichnete die Entscheidung der obersten Strafrichter als unverständlich. Für mich habe ich mich rechtskonform verhalten, erklärt er. Das werde das Landgericht Magdeburg feststellen. Dahin hatte der BGH die Sache zur Neuverhandlung verwiesen. Der Fall muss nun komplett neu aufgerollt werden. Ein Prozesstermin steht noch nicht fest.
Wiegand hatte sich laut ursprünglicher Anklage zu seinem Amtsantritt im Dezember 2012 eigenmächtig drei Vertraute ins Rathaus geholt und in ungewöhnlich hohe Tarifgruppen eingestuft. Seine neue Büroleiterin und die beiden Referenten habe er ohne Ausschreibung eingestellt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem heute 59-Jährigen vor, dadurch für die Stadt über den Zeitraum seiner siebenjährigen Amtszeit einen Schaden von mindestens 290 000 Euro in Kauf genommen zu haben. Sie hatte im ersten Prozess 16 Monate Haft auf Bewährung gefordert. Nach dem Freispruch ging die Anklagebehörde in Revision.
Wiegand selbst hatte in dem rund siebenmonatigen Prozess in Halle jede Schuld von sich gewiesen und sich auf seine Befugnisse als Oberbürgermeister berufen. Am Ende kamen die Richter zu dem Schluss, dass Wiegand im zulässigen Rahmen gehandelt habe. Das betonte er auch in seiner Reaktion auf das BGH-Urteil. Ich hatte nach bestem Wissen und Gewissen geprüft, versierte Strafverteidiger, Dienstrechtler, letztlich das Landgericht und auch die Generalbundesanwaltschaft haben in meinem Verhalten keine Untreue begründet gesehen, erklärte Wiegand weiter.
Nach Auffassung der Karlsruher Richter wird der Ermessensspielraum eines Oberbürgermeisters aber durch den Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes begrenzt, der eine derart hohe Eingruppierung neuer Mitarbeiter nicht vorsieht. Es sei auch nicht so, dass die Stellen sonst unbesetzt geblieben wären - die drei hatten von sich aus gar nicht so viel Geld gefordert. Bei der Bewertung der beruflichen Vorerfahrung habe sich das Landgericht zudem zu sehr auf Wiegands Darstellung verlassen.