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Handel Kunstwerke im Kiosk

Die Kioskkultur ist vom Aussterben bedroht. Einige Händler in Sachsen-Anhalt trotzen mit ihrer Einzigartigkeit dem Negativtrend.

12.06.2019, 08:56

Halle/Dessau-Roßlau (dpa) l Es ist ein Ort, an dem getrunken, schwadroniert und konsumiert wird: Der Kiosk ist fester Anlaufpunkt und Kurzzeitheimat für Einheimische und Durchreisende, für Jung und Alt, für Groß und Klein. Laut Handelsverband Deutschland gibt es bundesweit schätzungsweise 23.500 Kioske – ein Teil davon in Sachsen-Anhalt. Doch ihre Existenz sei bedroht, heißt es. Tankstellen und Bahnhofsshops mit langen Öffnungszeiten und reichhaltigen Angeboten machten ihnen kräftig Konkurrenz. Diese einzigartigen Exemplare haben die Zeit auf ganz unterschiedliche Weise überdauert.

Seit knapp drei Jahren wird die Trinkhalle an den Meisterhäusern in Dessau-Roßlau wieder als Kiosk betrieben. Der im Jahr 1932 vom späteren Bauhaus-Direktor Ludwig Mies van der Rohe gebaute Laden überdauerte den Krieg nach Angaben der Stiftung Bauhaus Dessau weitestgehend unbeschadet. Rund 70 Jahre wurde er nicht betrieben. Nach einer umfangreichen Sanierung können seit Mitte 2016 von Freitag bis Sonntag tagsüber wieder hausgemachte Limonaden und Kaffee an der Trinkhalle gekauft werden, wie eine Stiftungssprecherin sagt. Geplant sei, künftig auch donnerstags und montags zu öffnen.

Seine Form fällt direkt ins Auge. Der unter Denkmalschutz stehende Runde Kiosk in Sangerhausen befindet sich direkt am Bahnhof. Es gebe deutschlandweit nur zwei seiner Bauart – in Sangerhausen und in Berlin, sagt Betreiberin Carola Wiehart. Seit rund 60 Jahren würden Reisende und Einheimische an dem kreisförmigen Stand Essen, Getränke und Zigaretten kaufen. In dem Geschäft, das einst der HO – der Handelsorganisation – gehörte, werde alles selbst zubereitet – vom Gulasch bis zum Milchreis, so die Betreiberin. Wiehart selbst wolle gern bis zu ihrer Rente in etwa zehn Jahren das Mini-Geschäft betreiben. Einen Nachfolger habe sie bislang nicht.

Auf dem höchsten Berg des Landes betreibt seit Mitte der 1990er Jahre die Familie Steinhoff aus Schierke (Landkreis Harz) einen Kiosk am Bahnhof, wie der Betreiber erklärte. Das "Hexenhaus", wie der Laden genannt wird, ist der Nachfolger eines älteren Kiosks, der seit 1990 am Bahnsteig auf dem Brocken stand. Heute können sich Wanderer und Touristen auf 1130 Höhenmetern mit Getränken und Essen eindecken.

Von diesen Kiosken wurden nach Angaben der Stadt ab 1921 insgesamt zwölf in Magdeburg aufgestellt. Einheimische konnten in den knallbunten und ungewöhnlich geformten Lädchen Literatur kaufen. Urheber war der ehemalige Stadtbaurat Bruno Taut. Inzwischen sind die Kioske zwar aus dem Stadtbild verschwunden. Ein besonders auffälliges Exemplar ließ die Stadt Magdeburg aber nachbauen – erstmals für die Leipziger Buchmesse 2015. Seitdem präsentieren sich die Elbestadt und ihre Kreativszene mit dem Hingucker jedes Jahr wieder.

Als Verkaufsbude ist dieser Kiosk längst Geschichte. In dem ehemaligen Zeitungskiosk in Halle befindet sich seit 2009 jedoch ein Ausstellungsraum für Künstler und Kreative. Auf rund vier Quadratmetern können Kunstschaffende dort ihre Projekte zeigen, wie eine Sprecherin des Vereins hr.fleischer erklärte. Etwa 20 Ausstellungen, Aktionen und Interventionen seien pro Jahr in dem ehemaligen Laden zu sehen. Die Idee für den Mini-Ausstellungsraum hatten vor zehn Jahren acht Studierende der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. Als der ehemalige Kiosk zum Verkauf stand, erwarben sie den würfelförmigen Kasten und bauten ihn um.