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Handwerk Wie der Klimawandel die Fischerei beeinflusst

Fischer Tom Bernau ist im Einklang mit der Natur und betreibt sein Handwerk wie vor 1000 Jahren. Auch den trockenen Sommer überstand er.

18.10.2018, 09:42

Muldestausee (dpa) l Ruhe über dem See und ein einsames Fischerboot. Im Frühnebel lässt die Sonne das Wasser an der Oberfläche glitzern. Am Horizont die Silhouette der Landschaft mit einem Kirchturm und eine Brücke – Traumlandschaft "Muldestausee". Auf dem Boot ziehen zwei Männer ihr Netz mit gekonnten Griffen ein und befreien die zappelnden Fische. Jetzt sind die Behälter gefüllt, der Außenbordmotor tuckert gleichmäßig, das Boot kehrt zum Ufer zurück.

"Wir betreiben unser Handwerk wie vor 1000 Jahren", sagt Fischer Tom Bernau. In zwei Fässern liegt der heutige Fang: Zander, Barsch, Hecht und etliche sogenannte Weißfische. Bernau hat seinen Betrieb seit 1992. Neben dem Muldestausee fischt er auf dem Grünsee und einem Abschnitt der Mulde, das sind insgesamt rund 650 Hektar Wasserfläche. Die Fische werden über den Hofladen an Kunden aus der Region und an einheimische Gastronomen verkauft.

Bernau beschreibt seinen kleinen Betrieb als bäuerlich. "Durchschnittlich vier bis fünf Tonnen Fisch werden pro Jahr verkauft. Im Einklang mit der Natur bedeutet ja auch, die Bestände nicht zu stark zu dezimieren", sagt Bernau. Den extrem trockenen Sommer hat er gut überstanden, obwohl während der Hitze deutlich weniger Fisch gekauft wurde.

Der Klimawandel ist im vollen Gang und bedeutet für ihn, dass er nicht nur Fischen kann. "Wir haben uns zum Glück breiter aufgestellt", sagt Bernau. "Es gibt bei uns auch Wild, Enten, Gänse und Eier, alles aus eigener Haltung, zu kaufen. Wild wird von einem Jäger im eigenen Wald geschossen und Seefisch wie Lachs und Rotbarsch hinzugekauft."

Seine Frau Beate Richter leitet den Hofladen und ist somit für den Handel zuständig. Der kleine Laden ist gut besucht. Frischer Fisch ist begehrt. "Nur grüner Hering ist kaum noch nachgefragt, das war vor 20 Jahren ganz anders", sagt Richter. "Die Leute mögen Fisch ohne Gräten, wie es ja auch beim Bismark- und Brathering der Fall ist."

Aber auch andere Produkte laufen gut. "Die Nachfrage nach Eiern können wir gar nicht befriedigen, dafür müssten wir dreimal so viel verkaufen", sagt Richter. "Aber Legebatterien kommen nicht infrage, das macht ja gerade den Unterschied. Das merken die Kunden ja auch an der Qualität."

"Möglicherweise hat der Klimawandel für die Binnenfischerei in Sachsen-Anhalt keine gravierenden Auswirkungen", sagt Fischer Ulrich Kulawik. Sein Revier liegt im Mansfelder Land, am "Süßen See" und am "Kerner See". Der Grund: "Sachsen-Anhalt hat wenig Fischer, im Bundesvergleich liegen wir an letzter Stelle." Dennoch, die Veränderungen sind spürbar.

Der "Süße See" hat im Sommer 50 bis 60 Zentimeter Wasserhöhe verloren. "Wir beginnen jetzt wegen der Wärme erst im Oktober, statt wie früher im August mit dem Abfischen", sagt Kulawik. "Ein weiteres Problem der Klimaerwärmung ist, dass sich im Winter keine geschlossenen Eisdecken mehr auf den Seen bilden. Das bedeutet kaum Ruhezeiten für die Fische."

Zumindest scheint es laut Statistik keine Krise zu geben. Nach Angaben des Landesverwaltungsamtes sind in Sachsen-Anhalt derzeit 24 Fischereibetriebe im Haupterwerb, zwei mehr als 2016, registriert. Dazu kommen noch einige Nebenerwerbsbetriebe. 12 Betriebe leben von der Seen- und Flussfischerei, elf Betriebe produzieren Forellen und 6 Betriebe betreiben eine Karpfenteichwirtschaft.