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Haustier Welpenpreise steigen in Corona-Krise

Als die Sachsen-Anhalter während der Corona-Pandemie zu Hause waren, haben sich viele von ihnen ein Haustier angeschafft.

Von Stephanie Tantius 07.09.2020, 07:24

Magdeburg l Das war eine Überraschung für die Schwestern Ida und Greta aus Badersleben im Vorharz, als sie zu Ostern im April dieses Jahres zwei Zwergkaninchen bekamen. „Wir wollten uns sowieso Tiere zulegen“, sagt Melanie Fox, die Mutter der beiden Mädchen. Und die Zeit im April, als Schulen und Kindergärten aufgrund der Corona-Krise geschlossen waren, war dafür günstig. Als Lehrerin konnte die 39-Jährige nicht in der Schule arbeiten und musste ihre beiden Kinder zu Hause betreuen. „Da waren die Kaninchen eine willkommene Abwechslung“, sagt sie. Außerdem konnten die Kinder in dieser Zeit an ihre täglichen Aufgaben mit den Tieren herangeführt werden. Neben den zwei Kaninchen hat sich die Familie noch drei Hühner zugelegt, „der frischen Eier wegen“, sagt Melanie Fox.

Dass viele Menschen die Corona-Zeit genutzt hätten, um sich ein Tier anzuschaffen, bestätigt auch Pudelzüchterin Christine Hebecker aus Schierke im Harz. Im März hatte die Pudel-Dame Emmely neun Welpen geworfen. Das hatte Hebecker auf ihrer Internetseite bekannt- gegeben. Innerhalb von zwei Tagen seien alle Welpen reserviert gewesen. „Das war schon Wahnsinn“, sagt die 49-Jährige. So schnell hatte sie noch nie Welpen vermitteln können.

Zum ersten Mal musste sie die Hundekinder auch nicht im Internet oder der Zeitung inserieren. Der Hinweis auf der Homepage war ausreichend. „Viele Menschen haben gesagt, sie wollten sich schon immer einen Hund anschaffen“, sagt Christine Hebecker. Nun sei die Zeit günstig. Sie hoffe nur, dass die Pudel nicht im Tierheim landen. Auch der Wurf eines Zwergpudels im Juni, war innerhalb weniger Tage reserviert gewesen. Der Trend zum Hund halte anscheinend an.

Dass insbesondere junge Hunde während der Corona-Zeit gut vermittelt worden sind, bestätigt auch Klaus Böth, Vorsitzender des Mitteldeutschen Hundezuchtverbands. „Der Welpenmarkt ist leergefegt“, sagt er. Selbst deutsche Züchter, die in der Nähe der tschechischen Grenze wohnen, hatten in diesem Jahr keine Probleme, ihre Welpen loszuwerden. Die Erklärung dafür: Die Grenzen waren zu. So konnten Menschen, die sonst ihren Hund billiger in Tschechien gekauft hätten, nicht ins Ausland reisen.

Außerdem hätte die erhöhte Nachfrage dafür gesorgt, dass die Preise immens in die Höhe gestiegen sind, sagt Böth. So hätten Welpen ohne Papiere teilweise 1000 Euro das Stück gekostet. Für so einen Preis bekomme man normalerweise fast einen Rassehund. Aber auch bei den Welpen mit Papieren sind die Preise in die Höhe geschnellt. „Teilweise 2800 Euro haben die Menschen pro Tier bezahlt. Das sind Preise, die nicht gerechtfertigt sind“, sagt Böth. Auch Pudelzüchterin Christine Hebecker konnte aufgrund des großen Interesses in diesem Jahr 200 Euro pro Welpe mehr verlangen.

„Durch die Corona-Krise waren viele Menschen von Isolation betroffen“, sagt Dr. Karolin Schmidt vom Institut der Psychologie der Universität Magdeburg. „Um dieser zu entgehen, haben sie sich ein Haustier angeschafft.“ Zwar könnten diese die menschlichen Kontakte nicht ersetzen, aber allein die Tatsache, dass da jemand ist, steigere das Wohlbefinden.

Anders verhielt sich die Nachfrage nach Hunden während der Corona-Zeit im Tierheim in Magdeburg. „Das Interesse war so groß wie immer“, sagt Tierheimleiter Andreas Reichardt. Das liege sicher daran, dass es hier kranke und ältere Hunde gebe. Bei Tierheimhunden müssten die Leute wissen, worauf sie sich einlassen. Welpen seien noch unbelastet, sagt Reichardt. Auch Gisela Kürten vom Tierheim in Gardelegen berichtet, dass die Corona-Zeit bei der Anzahl der Vermittlungen keine Rolle gespielt habe. Beide Tierheime würden im Moment auch nicht mehr Tiere als gewöhnlich aufnehmen, da die Halter nun eventuell gemerkt hätten, dass sie für das Tier doch keine Zeit haben.

Das Katzenhaus in Halberstadt hingegen konnte in den vergangenen Wochen mehr Katzen als sonst vermitteln, sagt Mitarbeiterin Steffi Werner. Insbesondere in der Ferienzeit sind viele Leute gekommen, sagt sie. Dies sei vielleicht auch eine Folge der Corona-Zeit, da die Menschen in diesem Jahr nicht groß verreisen konnten. Im Moment leben 24 Tiere im Katzenhaus. Für gewöhnlich seien es sonst zu dieser Jahreszeit an die 40.

Jedoch nicht nur die Nachfrage nach Fellnasen ist während der Corona-Zeit gestiegen, sondern auch die nach Hühnern. „Zeitweise hatten wir keine Hühner mehr, die wir hätten verkaufen können“, sagt Heike Gentz vom Geflügelhof in Parchen bei Genthin im Jerichower Land. Ihr Hauptgeschäft: mit den Verkaufswagen, die mit Hühnern, Enten und Gänsen bestückt sind, durch verschiedene Regionen in Sachsen-Anhalt zu fahren.

„Von April bis Mai haben die Telefone nicht stillgestanden“, sagt sie. So viele Bestellungen wie in der Zeit seien noch nie eingegangen. Die Verkaufswagen konnten nur noch die reservierten Tiere mitnehmen. Spontan vom Wagen kaufen sei nicht möglich gewesen. Viele neue Kunden seien hinzugekommen, sagt Heike Gentz. Oftmals hätten diese lediglich drei Hühner gekauft.

Wie erklärt sich Karolin Schmidt hier die enorme Nachfrage? Mit Blick auf die fehlende Arbeit zu dieser Zeit könne sie sich vorstellen, dass sich einige Menschen damit wieder eine Aufgabe geben wollten. Außerdem sind die Männer und Frauen verstärkt in die Gärten gegangen und haben sich mehr mit Ernährung beschäftigt. Auch diese Sicht, die eigene Lebensmittelproduktion wieder mehr in den Fordergrund zu stellen, könnte bei der Nachfrage nach Hühnern eine Rolle gespielt haben.