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Havelberg Havel-Region verliert Krankenhaus

Nach monatelangem Kampf um den Erhalt des Havelberger Krankenhauses macht der Träger KMG die Klinik heute dicht.

Von Alexander Walter 01.09.2020, 01:01

Magdeburg l Ein ganzer Landstrich in Sachsen-Anhalt hat ab heute kein Krankenhaus mehr. 6500 Menschen in Havelberg, aber auch Einwohner vieler Dörfer im Elb-Havel-Winkel müssen zur Behandlung selbst minderschwerer Beschwerden nach Kyritz, Wittstock (Brandenburg) oder Stendal fahren – bis zu 80 Kilometer. Am Wochenende hatte der Krankenhausträger KMG darüber informiert, dass die Klinik schließt, vier Wochen früher als erwartet. Aktueller Anlass sei krankheitsbedingt fehlendes Personal, hieß es. Das Haus soll in ein Pflegeheim umgewandelt werden. Die Arbeitsverträge für die meisten der rund 50 Beschäftigten liefen Ende September aus.

Für Bürgermeister Bernd Poloski eine Katastrophe: „Havelberg ist nicht mehr besser versorgt als ein Dorf in Mecklenburg“, sagte er. Der Havelberger Landtags-Vizepräsident Wulf Gallert (Linke) forderte angesichts der schlechten Verkehrsanbindung mit der Elbe als Barriere eine Lösung für die Region: „Die Klinik steht im Krankenhausplan des Landes, der Kreis hat den Auftrag zur Versorgung. Ich sehe beide in der Verantwortung.“

Stendals Landrat Patrick Puhlmann (SPD) sagte, rein rechtlich gelte die Versorgung weiter als sichergestellt. Anspruch des Kreises bleibe aber eine ortsnahe Lösung auch mit stationärer Versorgung.

Ziel des Kreises war es, den Betrieb aufrecht zu erhalten, bis ein neuer Träger gefunden ist, der die Klinik übernimmt. Der Kreis verhandelt aktuell mit den Johannitern über eine Lösung.

Der CDU sind die Anstrengungen des Landrats zu gering: „Er hat über Wochen gepennt“, sagte Abgeordneter Chris Schulenburg gestern. Das Sozialministerium habe es KMG zudem erlaubt, die Klinik in ein Pflegeheim umzuwidmen. Grimm-Benne wies die Vorwürfe zuletzt zurück. Die Umwidmungsklausel in einem Förderbescheid aus der letzten Legislatur habe Investitionen in den damals schon wackligen Standort Havelberg überhaupt nur möglich gemacht.

Die Zukunft der Kliniklandschaft entwickelt sich immer mehr zum Zankapfel zwischen CDU und SPD, jüngster Streitpunkt: die Kinderabteilung des Altmark-Klinikums Gardelegen. Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) will vom Kabinett grünes Licht dafür, die Klinik in eine vorwiegend ambulante Einrichtung umzuwandeln. Eine Vorlage soll nächste Woche ins Kabinett.

Doch das Finanzministerium von Michael Richter (CDU) zeichnet nicht mit. Grund: Erarbeitet wurden sechs Varianten für die Kinderklinik. Richter lehnt es ab, eine Vorzugsvariante Grimm-Bennes absegnen zu lassen, obwohl die Minister andere Varianten nicht kennen. Auch über die Klinik-Finanzierung herrscht Streit. Der Landtag hat beschlossen, den 47 Häusern im Land ab 2021 zusätzlich 150 Millionen Euro an Investitionsmitteln zu überweisen. Richter will Geld aber erst freigeben, wenn klar ist, welche Häuser und Schwerpunktabteilungen auch künftig noch am Markt sind. Dafür brauche es ein Gutachten. Grimm-Benne lehnt die Expertise als Eingriff in ihr Ressort ab.