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Hersteller Wirtschaft im Land fürchtet harten Brexit

Großbritannien ist Sachsen-Anhalts zweitgrößter Exportmarkt. Unternehmen müssen ohne EU-Normen und durch Zölle mit Einbußen rechnen.

Von Jens Schmidt 17.01.2019, 00:01

Magdeburg l Der Elektromotoren- und Gerätebau Barleben liefert Schutzgeräte für Transformatoren nach Großbritannien. Bisher war das einfach: Das Land ist in der EU. Keine Zölle, keine Zollkontrollen, keine Zulassungsschwierigkeiten. Das könnte sich schlagartig ändern, wenn die Briten über Nacht und ohne Verträge die Europäische Union Ende März verließen. Selbst, wenn nicht sofort Zölle anfielen – die Lieferung in ein Nicht-EU-Land müsste dennoch kontrolliert werden. „Erst muss der Beamte sich alles anschauen – erst dann kann die Kiste zugemacht werden“, sagt Firmenchef Klaus Olbricht. Die Lieferzeiten von derzeit zwei, drei Tagen würden sich deutlich verlängern. Noch gravierender sind die dann fehlenden Zertifikate. Die EU-Normen würden nicht mehr gelten. Die Produkte wären über Nacht auf der Insel nicht mehr zugelassen. „Wir müssten sie dann wahrscheinlich zertifizieren lassen – ähnlich wie bei Exporten nach China oder Russland“, sagt Olbricht. Bislang steht seine Firma auf dem englischen Markt gut da. Dort gibt es bislang nur einen direkten Konkurrenten. Der könnte gestärkt werden, wenn sich die Lieferzeiten für die Produkte aus Barleben verlängern und die Preise zollbedingt steigen würden.

Vor Problemen stünde auch der Stendaler Prüftechnikhersteller Zorn. Bei einem harten Brexit befürchtet das Unternehmen, dass die Geschäfte zeitweise erlahmen.

Auf einen geordneten Übergang hofft daher auch der Chemieriese Dow Chemical, der unter anderem in Schkopau Kunststoffe produziert. So gehen Silikon-Vorpodukte aus einem Dow-Werk in Südwales nach Deutschland.

Sachsen-Anhalts Unternehmen liefern im Jahr Waren im Wert von knapp 1,3 Milliarden Euro nach Großbritannien. Die Insel ist damit nach Polen der zweitstärkste Exportmarkt. Die wichtigsten Güter sind Aluminium, Backwaren, technische Ausrüstungen und Medikamente. Der Import ist deutlich schwächer: Aus Großbritannien kommen Waren im Wert von gut 350 Millionen Euro nach Sachsen-Anhalt. Bei einem harten Ausstieg der Briten würde es zu Einschränkungen kommen, sagt Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD). In Gefahr gerieten auch Kooperationen zwischen Unis aus Halle sowie Magdeburg mit britischen Universitäten, da sie aus EU-Geldern finanziert werden. Brenzlig würde es zudem für viele junge Firmen, die nach englischem Recht gegründet wurden. Von diesen Limitids gibt es bundesweit 10 000.

„Es hilft jetzt aber auch nicht, in Panik zu verfallen“, meint der Minister. Bund und Länder verfügten über Gelder, um Engpässe der Unternehmen zu überbrücken. Mit Blick auf die Brexit-Folgen warnte Willingmann vor Dexit-Debatten. „Ein Austritt Deutschlands aus der EU wäre wirtschaftspolitischer Irrsinn.“