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Geschichte Holocaust-Überlebende besucht Heimatstadt Halle: „Fühle Wut“

Von dpa Aktualisiert: 24.10.2021, 22:05

Halle/Saale - Nach mehr als 80 Jahren ist die Holocaust-Überlebende Eve Kugler in ihre Heimatstadt Halle zurückgekehrt. Sie fühle Wut, sagte die 90-Jährige am Freitag vor ihrem ehemaligen Elternhaus im Norden der Stadt. „Wut, dass sie uns damals alles genommen haben.“ Schritt für Schritt sei die Aggression gegen die Juden in der NS-Zeit gewachsen, sagte Kugler rückblickend. Erst sei die Eishalle für Juden verboten worden, dann das Kino und danach fiel alles andere, erinnert sich die damals Siebenjährige.

An die Demütigungen und Ängste einer Nacht im November 1938 könne sie sich noch gut erinnern, sagte sie. SS-Offiziere kamen in die Wohnung der Familie, zerstörten das Mobiliar, zerrissen Bücher und wüteten im Laden des Vaters. Am nächsten Morgen musste die Mutter die Scherben aufsammeln, während einer der Offiziere ihr zurief: „Ihr dreckigen Juden, schaut euch an wie es hier aussieht.“

Die Synagoge, die von ihrem Großvater mit aufgebaut wurde, wurde in jener Nacht abgebrannt, erzählte Kugler. „Auch heute noch verkrampfe ich, wenn ich an diese Ereignisse denke.“ Nur wenige Monate nach der Pogromnacht am 9. November 1938 konnte sie nach eigener Aussage mit ihrer Schwester nach Frankreich fliehen. Ihre Eltern überlebten ein Konzentrationslager, ihre jüngste Schwester musste untertauchen. 1946 wurde die Familie „wie durch ein Wunder“ in den USA wieder vereint.

Bis ins Mark habe sie der Angriff auf die Synagoge in Halle vor zwei Jahren erschüttert, erzählte Kugler. Als sie davon hörte, sei sie von ihren Gefühlen übermannt worden. Es fühlte sich laut Kugler erneut wie ein Angriff gegen sie, ihre Familie und Freunde an. „Ich kann nicht glauben was dort passiert ist.“

Kugler reist im Rahmen einer Bildungsreise an verschiedene Orte ihrer Vergangenheit und Gedenkstätten des Holocausts in Deutschland. Sie lebt mittlerweile seit mehreren Jahren in London.