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Impfskandal Halles OB drohen harte Konsequenzen

Die Impfaffäre um Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand kocht hoch. Ihm drohen harte Konsequenzen.

24.02.2021, 05:05

Halle (dpa) l Für Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) spitzt sich die Impfaffäre weiter zu. Nachdem er seine täglichen Pressekonferenzen abgesagt hat, kehrt für ihn alles andere als Ruhe ein. An mehreren Fronten sieht sich Wiegand dem "Feuer" ausgesetzt.

DER VORWURF: Wiegand hatte Anfang Februar auf Anfrage eingeräumt, dass er und zehn Stadträte schon geimpft worden waren, obwohl sie gemäß der in der Bundesimpfverordnung festgelegten Reihenfolge noch nicht dran waren. In den Tagen darauf waren weitere vorzeitige Impfungen aus seinem Umfeld bekannt geworden. Der Oberbürgermeister hatte die Darstellung, wie es dazu gekommen sei, dabei geändert. Neben dem Vorwurf bei der Impfreihenfolge vorgedrängelt zu haben, werfen einige Stadträte Wiegand vor, einen Impfüberschuss nach Plan produziert zu haben, um sich und enge Mitarbeiter impfen zu lassen.

WIEGANDS SICHT: Wiegand verteidigt seine Impfung. Im Umgang mit übrig gebliebenen Impfdosen stelle sich die Frage, "ob Politiker und Entscheidungsträger für die für die letzte übrig gebliebene Spritze angerufen werden". Er sei der Meinung, "dass es sachgerecht und mit der Corona-Impfverordnung vereinbar ist", solche Reste Politikern in zentralen Funktionen anzubieten – sofern sich niemand mit höchster Impfpriorität, also Hochbetagte oder medizinischen Personal, finde. So soll es bei ihm gewesen sein, als er geimpft wurde. Die öffentliche Auseinandersetzung bezeichnete Wiegand als "Hexenjagd". Er stehe "im Feuer der Debatte".

ERMITTLUNGEN DER STAATSANWALTSCHAFT: Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach eigener Aussage gegen Wiegand wegen des Verdachts der "veruntreuenden Unterschlagung" des Corona-Impfstoffs. Die Polizei durchsuchte am Montag mehrere Diensträume der Stadtverwaltung. Er sei verdächtig, "unter Missachtung der (...) Impfreihenfolge" dafür gesorgt zu haben, dass er selbst und andere noch nicht berechtigte Personen geimpft wurden. Wiegand bezeichnete die Durchsuchungen als unverhältnismäßig und wies die Vorwürfe zurück.

ABWAHLVERFAHREN: Mehrere Mitglieder des Stadtrates wollen Wiegand als Oberbürgermeister absetzen und streben ein Abwahlverfahren an. Dafür könne eine Sondersitzung des Stadtrates am 15. März der "Tag der Wahrheit" sein, sagte Stadträtin Yana Mark (FDP). Die Hürden für die Abwahl sind hoch. Drei Viertel der Stadträte müssten zustimmen. Anschließend müsste ein Wahltermin gefunden werden, an dem die Bürger in Halle über die Abwahl Wiegands entscheiden.

VERBOT DER FÜHRUNG DER DIENSTGESCHÄFTE: Zeitweise könnte Wiegand die Führung seiner Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot leitet sich aus dem Beamtenstatusgesetz ab. So könne "aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden". Ein zwingender Grund könnte beispielsweise Verdunklungsgefahr bei der Aufklärung der Impfaffäre sein. Zunächst müsse hierfür eine Mehrheit im Stadtrat gefunden werden. Im nächsten Schritt folgt eine schriftliche Anhörung des Bürgermeisters. Erst danach könne eine Verfügung erlassen werden, die Wiegand sogar aus den Diensträumen ausschließen würde. Das Verbot ist auf maximal drei Monate befristet.

DISZIPLINARVERFAHREN: Das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt hat Disziplinarverfahren gegen Wiegand sowie zwei Landräte eingeleitet. Alle drei Politiker hatten eingeräumt, gegen Corona geimpft zu sein, obwohl sie noch nicht an der Reihe waren. Ihnen wird vorgeworfen mit ihrer vorzeitigen Impfung beamtenrechtliche Pflichten verletzt zu haben. Am Mittwoch wollen mehrere Fraktionen im Stadtrat in Halle einen deklarativen Dringlichkeitsantrag einbringen, um eine Suspendierung Wiegands im Rahmen des Verfahrens anzuregen.

STREIT MIT GESUNDHEITSMINISTERIN: Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) hatte von Wiegand Aufklärung gefordert. Wiegand hingegen wies ihren Verdacht eines möglichen Verstoßes gegen die Impfordnung als "rechtsirrig" zurück. Grimm-Benne habe bis heute den Umgang mit Impfstoffresten nicht geregelt, so Wiegand. Sie überlasse dies den Kommunen, "um diese nun dienstrechtlich zu belangen". Grimm-Benne erwiderte, dass durch Wiegands Stellungnahme die Vorgänge im Nachhinein "nicht rechtmäßiger" würden. "Es bleibt dabei: Als Land erwarten wir weiterhin Aufklärung (...)."