1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Großes Geld für die zündende Idee

Investoren Großes Geld für die zündende Idee

An Geschäftsideen mangelt es Gründern nicht, nur fehlt oft das Kapital. Investoren können das ändern.

21.09.2016, 23:01

Magdeburg/Wernigerode l Gründer müssen auch einstecken können: „Das ist Blödsinn“, hält Internet-Unternehmer Frank Thelen dagegen. „Ich vermisse die Kompetenz“, sagt Finanz­investor Carsten Maschmeyer. Dem Ringkampf zwischen Gründern und Geldgebern in der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ sehen wöchentlich fast drei Millionen Menschen zu.

Durch einen Tunnel gelangen die jungen Unternehmer in das Studio, empfangen werden sie von fünf thronenden Investoren. Dann erläutern die Gründer ihr Geschäftsmodell. Die Gretchenfrage kommt Sekunden später: „Wie verdient Ihr Geld?“ Verspricht die Idee lukrativ zu sein, werden aus den zähnefletschenden Raubtieren auch gerne mal zahme Schoßkätzchen, die ihren Sparstrumpf öffnen.

Junge Unternehmen brauchen vor allem in der frühen Phase Partner, wenn sie ihre Produkte zur Marktreife entwickeln wollen. Auch in Sachsen-Anhalt sind „Löwen“ auf der Pirsch, suchen nach schlagfertigen Gründern und klugen Geschäftsideen:

Traudel Gemmer (67) arbeitet als Steuerberaterin und verwaltet den Business Angel Fonds Sachsen-Anhalt. Vier Millionen Euro hat die Investorengruppe in den vergangenen zehn Jahren für vielversprechende Geschäftsideen ausgegeben.

Jan Alberti (37) ist Fonds-Manager und verwaltet die Fonds der landeseigenen Beteiligungsgesellschaft IBG. Das Land ist derzeit an 40 Firmen beteiligt. Rund 80 Millionen Euro sind in die Anteile geflossen. 70 Millionen Euro hat der Fonds noch auf der hohen Kante. Mit dem Geld will Alberti in den kommenden Jahren jungen Gründern den Weg in die unternehmerische Zukunft ebnen.

Clemens Aulich (55) hat Maschinenbau und Medizin in Aachen studiert. Bereits währenddessen gründete der gebürtige Braunschweiger Unternehmen. In Wernigerode ist er Gesellschafter der Ceterum Holding und hat seit 2014 für rund 50 Millionen Euro europaweit Unternehmen und Firmen-Beteiligungen erworben.

In Sachsen-Anhalt sind im vergangenen Jahr fast 35 Millionen Euro Risikokapital investiert worden (siehe Grafik). Zwischen Magdeburg und Halle ist noch kein Gründerfieber ausgebrochen, andere Länder haben mehr Temperatur. 2015 flossen vom deutschlandweit investierten Risikokapital in Höhe von 5,3 Milliarden Euro gerade einmal 0,6 Prozent nach Sachsen-Anhalt. Das geht aus Zahlen vom Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) hervor. „In Flächenländern ohne historisch gewachsene Industrie sind Risikokapital-Investitionen seltener“, sagt Christoph Stresing, stellvertretender Geschäftsführer des BVK. „Gründer- und investorenfreundliche Rahmenbedingungen können einen wichtigen Beitrag leisten, um Potenziale für Risikokapital als Innovationstreiber besser auszuschöpfen“, erklärt er.

Sachsen-Anhalt versucht bereits seit Jahren über die landeseigene Beteiligungsgesellschaft IBG innovative Firmen und Produkte zu fördern. Doch das Startup-Märchen ist bislang ausgeblieben. Nach Millionenverlusten, Firmeninsolvenzen und Akten im Müll hat das Land das Management der Fonds neu vergeben. Seit vergangenem Jahr verwaltet die Venture-Capital-Gesellschaft BMP mit Büros in Berlin und Magdeburg die millionenschweren Fonds.

An einem Abend Anfang September treffen im Magdeburger Moritzhof Fondsmanager und Firmenchefs aufeinander. Bei Bratwurst und Bier wird über Business-Case und Break-Even gesprochen. An einem der Stehtische begrüßt Jan Alberti das Team von UniNow. Das Magdeburger Startup vereinfacht das Leben Tausender Studenten. Mit einer App können Informationen wie Stundenpläne, Noten oder Speisepläne abgerufen werden. Im vergangenen Jahr erwarb Alberti mit den IBG-Fonds Anteile an dem Unternehmen. Seitdem ist er nicht nur Investor, sondern auch Berater. Denn der Wert der Beteiligung soll wachsen. „Wir steigen in der Regel früh in Unternehmen ein, finanzieren dann in den verschiedenen Stufen weiter und haben Interesse daran, irgendwann mit Gewinn zu verkaufen“, erklärt Alberti, der selbst als Student sein erstes Unternehmen gegründet hat.

Traudel Gemmer ist Geschäftsführerin des Business Angel Fonds Sachsen-Anhalt. 14 Einzelpersonen, die zwei Universitäten des Landes sowie die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft (MBG) statten den Topf mit Kapital aus. Gemmer hat jüngst 2500 Euro in die Magdeburger Software-Schmiede Silver Seed Games investiert. Die 67 Jahre alte Steuerberaterin bringt nicht nur Geld ein. Gemmer hilft bei der Akquise von neuen Aufträgen, lässt ihre Kontakte spielen, ist Aufbauhelferin der Firma und Trainerin für die Gründer. Drei Totalausfälle bei 47 Beteiligungen mussten die Fonds-Mitglieder bislang verkraften. Gemmer sagt: „Risikokapital ist Spielgeld. Mir ist bewusst, dass nur etwa jedes zehnte Investment wirklich erfolgreich wird.“

Ortswechsel: Im Flugzeugmuseum in Wernigerode sind 55 historische Luftfahrt-Exponate ausgestellt. Die alte Technik gehört Clemens Aulich, selbst begeisterter Flieger – und Investor. Bis zu sechs Firmen kauft Aulich jedes Jahr. Gemeinsam mit Lutz Helmig, dem früheren Besitzer der Helios-Kliniken, hat er vor zwei Jahren die Ceterum Holding gegründet. Aulich hat Prinzipien. Firmen, die seine Holding kauft, legen Wert auf Wachstum und haben mit ihrer Idee schon Geld verdient. Der Einstieg von Aulich soll Schub verleihen. In der Regel sind mehrere Millionen Euro im Spiel. Die Firmengruppe unter dem Dach der Ceterum Holding erwirtschaftet derzeit einen Jahresumsatz von 120 Millionen Euro. „Das Ziel ist eine Milliarde“, sagt Aulich.

Geldgeber wie Aulich, Alberti und Gemmer sind ein Faktor für die Entwicklung von Unternehmen. In Sachsen-Anhalt ist die gezielte Förderung von Start­ups ein wichtiger Baustein, sagt Wirtschaftsminister Jörg Felgner (SPD). Er will junge, gut ausgebildete Menschen und Gründer im Bundesland halten. „Diese Unternehmen sind von Anfang an hier verwurzelt und wachsen hier vor Ort. Auf diese Weise entstehen langfristig hochwertige Dauerarbeitsplätze“, sagt der Minister.