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Sicherheit im Netz Denn sie wissen, wohin du gehst

Ein falscher Klick und die ganze Zukunft ist im Eimer? Ein IT-Sicherheitsexperte gibt Tipps zum Thema Datensicherheit.

Von Hannes Biermann 13.12.2016, 23:01

Gardelegen l Mit Argwohn beobachte ich schon seit einigen Jahren das Sammeln von Daten durch Apps, ganz besonders aber das Sammeln von Bewegungsdaten. Immer mehr Apps verlangen nämlich zur Installation den Zugriff auf den GPS Empfänger eures Smartphones, obwohl diese Daten eigentlich gar nicht erforderlich wären.

Bewegungsdaten über uns können aber auch auf anderen Wegen gesammelt werden. Beispielsweise durch elektronisches Bezahlen mit EC- oder Kreditkarte und durch Fotos oder Videos, auf denen man zufällig zu sehen ist.

Bei elektronischen Bezahlvorgängen wird immer auch die Information über das Geschäft gespeichert, in dem man eingekauft hat. Das gilt für Supermärkte, Tankstellen, Reisebüros, Cafés und Ticketschalter genauso, wie für Pornoläden!

Wer permanent elektronisch bezahlt, legt also, ohne es zu wissen, ein umfangreiches Bewegungsprofil von sich an. Und wer will schon, dass jeder weiß, wo man den letzten Urlaub verbracht hat – und vielleicht so gar mit wem? Denn auch das ist möglich! Zwar ist das Tracken durch Gesichtserkennung auf Fotos noch relativ jung. Diese Technologie funktioniert mittlerweile aber beängstigend zuverlässig und präziser, als ein Mensch das jemals könnte.

Durch das Geotagging von Smartphone- und Digitalkameras lässt sich mittlerweile sogar für einen Großteil der Fotos bestimmen, wo und wann diese aufgenommen wurde.

Glaubt ihr nicht? Ein Kollege erzählte mir kürzlich, dass er eine Wette eingegangen ist. Er hat gewettet, dass es Kollegen aus einer Partnerfirma nicht gelingen wird, zu reproduzieren, wo er sich an den folgenden Wochenenden in seiner Freizeit aufhalten wird. Er hat verloren.

Verraten hat ihn unter anderem ein Schnappschuss einer wildfremden Person in einem Hauptbahnhof einer Stadt in Süddeutschland. Mit entsprechender Software können nämlich alle großen Bildquellen im Internet anhand eines Beispielfotos mit einem Gesicht durchsucht und diese Person mit erschreckender Genauigkeit ausfindig gemacht werden. Übrigens weiß auch Facebook genau, auf welchen Fotos eure Gesichter abgebildet sind, egal, ob sie getagged sind oder nicht.

Aber was macht das Sammeln von Bewegungsdaten nun eigentlich so gefährlich?

Grundsätzlich gilt: Wer weiß, wo ihr wann gewesen seid, hat Macht über euch. Denn eure Daten können jederzeit weitergegeben oder verkauft werden. An wen? Lasst eure Fantasie spielen!

Die größte Gefahr ist allerdings, fälschlicherweise als verdächtige Person eingestuft zu werden. Die Entscheidung, ob ihr etwas zu verbergen habt oder nicht, wird uns in Zukunft nämlich immer häufiger von Algorithmen abgenommen werden. Unternehmen weltweit arbeiten bereits, teilweise im Auftrag von Regierungen, an Überwachungssystemen (zunächst nur für öffentliche Plätze), die Menschen anhand von Bewegungsmustern bestimmten Täterprofilen zuordnen und präventiv und automatisch die Polizei oder den Sicherheitsdienst alarmieren.

Die Wahrscheinlichkeit, irgendwann fälschlicherweise verdächtig zu erscheinen, wird also extrem ansteigen.

Stellt euch vor, ihr seid kürzlich auf einer Demo gegen Erdogans Politik gewesen – und beim anschließenden Türkeiurlaub klicken am Strand die Handschellen!

Mittels Algorithmen kann übrigens sogar ermittelt werden, ob ihr zu den Organisatoren der Demo gehört oder lediglich mitgelaufen seid.

Sicher, Menschen werden automatisch lernen, sich darauf einzustellen und ihr Verhalten an die neuen Umstände anzupassen. Aber genau das ist die berühmte „Schere im Kopf“, die unser gesellschaftliches und politisches Leben bedrohen wird. Ich empfehle einen Abstecher zu Youtube unter dem Suchbegriff „Schere im Kopf“. Hier gibt es viele interessante Videos schon auf der ersten Ergebnisseite, die das Problem auf erschreckende Weise auf den Punkt bringen.

Aber was könnt ihr nun gegen solche Überwachungsangriffe tun: Mein wichtigster Tipp: Schaltet das GPS in eurem Smartphone nur dann an, wenn ihr es wirklich braucht! Klar fürs Navi, aber nicht zum Musikhören.

Tipp zwei: Nutzt zum Surfen lieber den PC zu Hause. Denn zur Bestimmung eurer aktuellen Position können neben GPS auch Funkzelle oder WLAN genutzt werden. Insbesondere Google kennt aufgrund der Verbreitung des Android-Betriebssystems für Handys einen großen Teil der WLAN’s in privaten Haushalten und die dazugehörigen Benutzer, die in ihren Google-Account ihre echten Daten angegeben haben. Logge ich mich mit meinem Android-Handy also bei jemandem zuhause im WLAN ein, weiß Google bereits, wo ich bin. Und jedesmal werden eure Daten registriert.

Und: Vielleicht muss es ja auch nicht jede witzige App sein! Ich bin da übrigens konsequent: Wenn eine App die Angabe meiner GPS-Daten verlangt, obwohl sie die für keine Funktion benötigt, kommt das Teil nicht auf mein Telefon. Auch wenn sie noch so cool ist. Meine Daten sind mir mehr wert!