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Sport Jung trainiert für Fitness und Gesundheit

Jugendliche sollten sich rund dreimal pro Woche sportlich betätigen. Der Schulsport allein reicht nicht aus, meint der Stendaler Experte.

Von Anne Toss 02.08.2017, 01:01

Stendal l Über die ach so faule Jugend wird ja oft berichtet. Anstatt Sport zu treiben, würden Jugendliche nur auf dem Smartphone daddeln oder vor dem PC hocken. Dass das auf lange Sicht nicht gesund ist, ist klar. Aber was ist eigentlich mit Heranwachsenden, die sportbegeistert sind und mehrmals die Woche trainieren? Können sie durch zu viel Sport ihre Gesundheit schädigen? Darüber haben wir mit Herbert Wollmann, Kardiologe und Sportmediziner aus Stendal, gesprochen.

Können Sie die Frage, wie viel Sport für junge Leute gesund ist, überhaupt allgemein beantworten?

Herbert Wollmann: Nein, das hängt zum einen vom Alter und von der Sportart ab, zum anderen auch davon, ob wir über Leistungs- oder Breitensport sprechen. Wenn wir vom Breitensport ausgehen, der ja vorrangig aus Spaß und als Ausgleich zur Schule betrieben wird, ist es meiner Meinung nach so, dass ein gesunder junger Mensch nicht zu viel Sport machen kann. Der fällt also auch nicht beim Sporttreiben um und hat einen Herzinfarkt, sondern der kann dann einfach nicht mehr. Allerdings ist es wichtig, dass Eltern die kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen gemacht haben, um mit Sicherheit zu wissen: Mein Kind ist gesund. Und bei Infektionskrankheiten mit Fieber oder nach Verletzungen muss man unbedingt pausieren.

Sie differenzieren bei Alter und Sportart. Was gilt es da zu beachten?

Ich halte es vor dem sechsten, siebten Lebensjahr nicht für sinnvoll, eine Wettkampfsportart zu betreiben. In diesem Alter sollte Sport spielerisch sein und Kinder sollten sich nicht nur auf eine Sportart konzentrieren. Leichtathletik ist zum Beispiel immer gut geeignet, denn das verhindert, dass man einseitig trainiert. Stellt sich in der Pubertät heraus, dass ein Jugendlicher Talent hat, steigert sich die Trainingsintensität. Beginnt man damit allerdings zu früh, kann das unter anderem eine Belastung für die Gelenke sein.

Wie groß ist die Gefahr, beim Leistungssport zu übertreiben?

Nicht alles, was man beim Leistungssport macht, ist gesund. Da gehen junge Sportler an ihre eigene Leistungsgrenze, in Kontaktsportarten wie Fußball oder Handball wird das Spiel der Gegner härter und die Belastungen werden einseitiger. Allerdings sollte man in diesem Bereich davon ausgehen können, dass die Sportler medizinisch und physiotherapeutisch beobachtet werden. Es ist meiner Meinung nach aber wichtig zu wissen, dass es definitiv nicht nötig ist, Leistungssport zu betreiben, um gesund und fit zu bleiben.

Viele Jugendliche gehen auch gerne ins Fitnessstudio. Was raten Sie denen?

Es sollte immer ein Konditionstraining, also Kardio, dabei sein. Das reine Pumpen führt nur zu einem Blutdruckanstieg, für den Sauerstoffanstieg im Körper bringt das nichts. Übrigens ist Muskelaufbau durch Krafttraining eigentlich Teil jeder Sportart – beispielsweise auch im Fußball. Der große Vorteil von komplexen Sportarten ist die Kräftigung der Muskulatur in Verbindung mit koordinativen Fähigkeiten. Gerade die Schulung der Koordination, also auch des Zentralnervensystems, ist für mich ein ganz wichtiger Aspekt des Sporttreibens.

Können Sie normal sporttreibenden Jugendlichen einen Richtwert bezüglich Trainingszeit und -intensität geben?

Wer einen Effekt haben möchte, sollte zwei bis drei Mal in der Woche Sport treiben. Und dann mindestens für 60 Minuten. Dieser Richtwert gilt nicht nur für Jugendliche, sondern salopp gesagt für Menschen von 0 bis 100 Jahre.

Es wird immer gesagt, dass Sport treiben gesund ist. Warum ist das eigentlich so?

Kindern und Jugendlichen brauche ich mit diesem Gesundheitsfaktor nicht zu kommen, die machen Sport, weil es ihnen Spaß macht. Allerdings spielt es im Erwachsenenalter eine große Rolle. Sport beugt den heutigen Zivilisationserkrankungen vor, insbesondere Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht. Und auch bei Depressionen und dem Vorbeugen von Demenz hat regelmäßiges Sporttreiben positive Effekte gezeigt. Daher ist die Jugendzeit auch so wichtig, da hier die Grundlagen für das lebenslange Sporttreiben gelegt werden.

Wirkt sich Sport auch anderweitig positiv aus?

Ja, natürlich. Durch den Sport haben wir soziale Kontakte. Heranwachsende finden schneller Anschluss und wenn es später einmal ans Studieren geht, finden sie an fremden Orten über ihre Sportart Gleichgesinnte.

Ist es für Jugendliche nicht ausreichend, beim Schulsport mitzumachen?

Nein, die Sportstunden an der Schule reichen nicht aus. Soweit ich weiß, haben Kinder heute noch zwei Sportstunden pro Woche. Das kann lediglich eine Anregung sein. Und wie in vielen Dingen haben neben der Schule auch die Eltern eine Vorbildfunktion.