1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Die Pille ist kein Lifestyle-Produkt

Verhütung Die Pille ist kein Lifestyle-Produkt

Rund sieben Millionen Frauen verwenden in Deutschland laut Schätzungen dafür die Pille. Aber welche Risiken birgt die Einnahme?

Von Anne Toss 01.10.2016, 10:12

Stendal l Der Smartphone­alarm, der an die Einnahme der Pille erinnert – für viele junge Frauen ist das längst selbstverständlich. Seit 1961 ist die Anti-Baby-Pille in Deutschland auf dem Markt und sie hat sich seither zum beliebtesten Verhütungsmittel entwickelt. Dabei ist die Pille ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel wie jedes andere, inklusive Nebenwirkungen und Risiken.

Die verschiedenen Präparate werden in sogenannte „Generationen“ eingeteilt, die den Zeitpunkt der Entwicklung und Vermarktung widerspiegeln. Laut dem „Pillenreport 2015“, der auf Daten der Techniker Krankenkasse beruht, bergen Pillen der 3. und 4. Generation ein doppelt so hohes Risiko für Thrombosen, also Blutgerinnsel, wie Pillen der 2. Generation. Trotzdem vertreiben Pharmafirmen die Pillen-Präparate weiter und immer mehr junge Frauen schlucken sie, so der Report.

Barbara Zirkenbach, Frauenärztin im Medizinischen Versorgungszentrum der Johanniter in Stendal, betont, dass das Risiko eines Blutgerinnsels immer da sei, unabhängig davon, ob man ein Präparat der ersten, zweiten, dritten oder vierten Pillengeneration nehme. Trotzdem habe auch sie vermehrt Anfragen von Patientinnen, die auf eine Pille der ersten Generationen umsteigen wollen.

Zirkenbach hat zudem festgestellt, dass junge Mädchen und Frauen im Beratungsgespräch die Risiken der Pilleneinnahme nicht erfragen. „Eigentlich rede immer nur ich und versuche zu erklären, dass die Östrogen-Anteile der Pille zum Beispiel acht Mal durch die Leber müssen, bis sie verstoffwechselt sind.“ Aber das spiele für die Patientinnen, die meist zwischen zwölf und 15 Jahre alt sind, wenn sie das erste Mal die Frauenärztin wegen Verhütungsmethoden konsultieren, keine Rolle. „Die Risiken werden von den jungen Frauen nicht so gewertet wie von uns Älteren.“

In dem ersten Gespräch geht die Frauenärztin auch auf Alternativen zur Pille ein, gibt Infomaterial mit. In diesem Jahr sei es allerdings nur einmal vorgekommen, dass eine Patientin nach dem Gespräch nach Hause gegangen ist und über die verschiedenen Verhütungsmethoden nachgedacht hat. „Schlussendlich will der Großteil aber trotzdem lieber die Pille haben. Hier haben auch Freunde und Mütter einen großen Einfluss auf ihre Töchter.“

Einen Einfluss auf die Wahl des Verhütungsmittels könnte laut dem „Pillenreport“ auch die Werbung für die Präparate haben. Die Pille wird als Lifestyle-Produkt präsentiert – Vorteile wie reine Haut, volle Haare und keine Gewichtszunahme durch die Einnahme werden betont und würden dafür sorgen, dass die Anti-Baby-Pille kaum noch als Medikament wahrgenommen wird.

Diese These kann Barbara Zirkenbach allerdings nicht bestätigen. „Ich habe bei meinen Patienten den Eindruck, dass eher die Zyklusregulation im Vordergrund steht. Schmerzen und Unregelmäßigkeiten während der Periode sind nicht gewollt.“ Dabei werde oft vergessen, dass sich die monatliche Menstruation erst noch einregeln muss, Unregelmäßigkeiten in den ersten Jahren daher normal sind.

Sie empfehle jungen Frauen, die nicht die Pille als Verhütungsmittel einnehmen wollen, beispielsweise Hormonpflaster oder das Einsetzen einer Spirale. Außerdem gebe es auch Pillen-Präparate, die kein synthetisches, sondern natürliches Östrogen enthalten. „Das ist eine bessere Alternative, weil es auch stoffwechselgünstiger ist“, sagt Zirkenbach.

Informationen darüber, zu welcher Generation eine Pille gehört, gibt es z.B. unter: https://www.tk.de/tk/welche-pillen-gibt-es/769796.