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Jugendwerkhof Ein Platz zum Erinnern gesucht

Der Jugendwerkhof in Burg war der größte Werkhof der DDR. Damit dieser nicht in Vergessenheit gerät, mobilisiert Volkmar Jenig die Politik.

30.06.2016, 23:01

Burg l Es geht ihm nicht um Rache. Auch nicht um die Schuld. Was Volkmar Jenig sucht, sind Antworten. Warum er in den Jugendwerkhof musste. Warum man ihn so schlecht behandelt hat. Warum ein großer Teil seiner Akten bis heute fehlt und er dadurch den Behörden keinen lückenlosen Lebenslauf liefern kann. Lücken, die für seine Rente wichtig sind und auch für die Beantragung von Entschädigungsleistungen für erlittenes DDR-Unrecht. Ohne Nachweis keine Entschädigung. Und so lange das so ist, wird Volkmar Jenig weiter in der Vergangenheit suchen. Und er wird seine Stimme erheben. Laut und bestimmt, „damit wir Heimkinder endlich erhört werden“.

Allerdings, erhört werden die Heimkinder der DDR bereits. Seit 2012 gibt es den Fonds „Heimerziehung in der DDR“, der sich um Entschädigungsleistungen kümmert. Bis zu 10. 000 Euro können Betroffene aus dem Fonds zur „Überwindung der Folgeschäden“ erhalten. Es gibt Therapie- und Beratungsangebote, die auch dann noch weiterlaufen sollen, wenn die Frist für den Fonds abgelaufen ist.

Aber das reicht Volkmar Jenig nicht. Er will die Erinnerung an die Jugendwerkhöfe der DDR aufrecht erhalten. Sie lebendig und für die heutige Generation verständlich machen, „damit sich sowas niemals wiederholt“, sagt er. Eine Gedenkstätte schwebt ihm vor. Eine Anlaufstelle für alle, die sich für diesen Teil der Geschichte interessieren. Und auch für jene, die diese Vergangenheit noch aufarbeiten müssen, weil sie das bisher noch nicht geschafft haben. Und wo, wenn nicht auf dem alten Gelände des Gutes Lüben, wo der Jugendwerkhof Burg stationiert war, wäre die Möglichkeit besser?

Heute ist dort das Cornelius-Werk eingerichtet, eine soziale Einrichtung der Diakonie, die sich um benachteiligte Kinder und Jugendliche kümmert. Die ist dieser Idee nicht grundsätzlich abgeneigt. „Wir fänden es allerdings interessanter, mit einer Art Geschichtsprojekt die Historie des Gutes Lüben seit seiner Entstehung vor über einhundert Jahren zu entwickeln“, sagt Frank Garnich, pädagogischer Leiter der Cornelius-Werke. „Immerhin ist Gut Lüben schon immer als Erziehungseinrichtung genutzt worden.“ Erste Gespräche mit einem Historiker habe es hierzu bereits gegeben.

„Eine tolle Idee“, findet Volker Jenig. Er wünscht sich aber doch einen Ort, an dem ehemalige Jugendwerkhöfler sich an ihre Vergangenheit erinnern können. Eine Gedenktafel vielleicht. Und wenn nicht auf Gut Lüben, dann in einer der Außenstellen. „Rolandmühle in der Bahnhofstraße von Burg zum Beispiel“, sagt er. „Das ist zentral gelegen und gut erreichbar.“

Die Idee kommt an. Zusammen mit anderen Ehemaligen hat er sich Verstärkung der Landesbeauftragten für Stasi-Unterlagen in Sachsen-Anhalt, Birgit Neumann-Becker, geholt. Sie steht der Idee aufgeschlossen gegenüber, verspricht die Unterstützung der Politik. Auch finanziell. „Wir müssen die Lokalpolitiker und Gremien der Region mit ins Boot holen für diese Idee, damit sich die Leute mit diesem Projekt auch verbunden fühlen.“

Wohltuende Worte in den Ohren von Volker Jenig. Seine Aktivitäten, lokale Akteure in Burg von der Idee einer Gedenktafel zu überzeugen, waren bisher wenig erfolgreich.

Trotzdem, so Neumann-Becker, ohne die Gremien der Stadt und des Landkreises Jerichower Land wolle sie das Projekt nicht angehen. „Ich kann als Behörde keine Gedenktafel bauen. Ich unterstütze das Projekt gerne, weil ich es sehr wichtig finde, dass auf die Jugendwerkhöfe öffentlich aufmerksam gemacht wird. Die Initiative dazu muss von den Betroffenen kommen und ich hoffe auf die Unterstützung durch die Stadt.“