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Junge Flüchtlinge Stahlknecht will schärfere Altersprüfung

Sachsen-Anhalts Innenminister dringt bei der Altersfeststellung minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge auf strengere Regelungen.

Von Michael Bock 19.03.2018, 00:01

Magdeburg l Derzeit bestehe in Sachsen-Anhalt das Risiko, dass die Jugendämter bei der Altersprüfung unterschiedlich agieren, sagt Stahlknecht im Volksstimme-Gespräch. „Wir brauchen eine einheitliche Linie.“ Im Kabinett sei verabredet worden, die künftige Praxis per Runderlass zu regeln.

Minderjährige Flüchtlinge haben Vorteile: Sie werden nicht abgeschoben, erhalten eine bessere Unterbringung und bei strafrechtlichen Vergehen mildere Strafen.

Stahlknecht stellt sich für alle verbindliche Vorgaben so vor: Kann der junge Flüchtling keine Ausweispapiere vorlegen, überprüfen ihn Mitarbeiter des Jugendamts anhand äußerer Merkmale: Körperbau, Bartwuchs, Hände. Bestehen nach Gesprächen mit Soziologen oder Psychologen Zweifel an den Angaben des Flüchtlings, soll das Alter zum Beispiel durch Handröntgen ermittelt werden.

Ärger in der schwarz-rot-grünen Kenia-Koalition ist programmiert. Grüne und SPD sehen das anders. Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) hält von der Röntgen-Methode gar nichts. Das so ermittelbare Knochenalter weise eine Abweichung von bis zu 28 Monaten auf, argumentiert sie. Kurzum: „Diese Methode ist per se ungeeignet, um Volljährigkeit nachzuweisen und gefährdet die Gesundheit der Betroffenen.“ So sehen das auch Deutsche Ärztetag oder Bundesärztekammer.

Stahlknecht sagt: „Einmaliges Röntgen führt doch nicht zu einer dauerhaften Schädigung. Die Debatte ist aberwitzig. Das können sich nur Leute ausdenken, die zu viel Zeit haben.“

In Sachsen-Anhalt wurden Ende 2016 1034 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge registriert. Bislang gab es gerade mal 13 medizinische Altersfeststellungen. Sieben Flüchtlinge wurden danach als volljährig eingestuft. Als Vorbild sieht Stahlknecht das Saarland. Dort kommen seit 2016 alle unbegleiteten jungen Flüchtlinge in einer Zentralstelle an. In einem deutschlandweit einmaligen mehrstufigen Verfahren wird das Alter der jungen Flüchtlinge festgestellt. Bis zum 1. März dieses Jahres wurden insgesamt 763 Verfahren gezählt. In 557 der Fälle gab es Zweifel, dass die Flüchtlinge minderjährig waren – eine radiologische Untersuchung des Handgelenks. In 263 Fällen wurden die Flüchtlinge als volljährig eingeschätzt. Also: Gut jeder Dritte hatte bei der Frage nach seinem Alter gelogen. Geröntgt wird bei Bedenken auch in Österreich, Belgien oder Schweden. Über 80 Prozent der Überprüften stellen sich 2017 in Schweden als volljährig heraus.

Das Saarland-Modell hat Eingang in den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung gefunden. Künftig soll es für alle Flüchtlinge zentrale „Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen“ geben. Bis zum Jahresende könnte das Innenministerium so auch in Sachsen-Anhalt die Altersangaben junger Flüchtlinge an einer Zentralstelle in Halberstadt prüfen, sagt Stahlknecht. „Damit entlasten wir die Jugendämter.“

Der Kommentar zum Thema von Michael Bock