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Karl Marx Schule für Marx-Schriftzug kritisiert

Sachsen-Anhalts Beauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur hält nicht viel vom neuen Schriftzug der Karl-Marx-Schule in Gardelegen.

Von Cornelia Ahlfeld 07.05.2018, 17:54

Gardelegen l „Was soll damit eigentlich ausgedrückt werden?“, fragt am Montag in einer Stellungnahme Birgit Neumann-Becker, Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Der Grund für ihr Unverständnis ist rot und steht seit Sonnabend vor der gleichnamigen Sekundarschule von Gardelegen: Karl Marx. Pünktlich zum 200. Geburtstag des Philosophen wurde der restaurierte Marx-Schriftzug aus DDR-Zeiten vor der Schule wieder aufgestellt.

Die Metallbuchstaben waren ursprünglich an dem alten Gebäude angebracht, das 2013 abgerissen wurde. Nun hängt der Name nicht mehr an der Fassade, sondern wurde vor der neuen Schule aufgestellt. Neu eingeweiht mit einer kleinen Feierstunde.

Neumann-Becker findet das kritikwürdig. Wenn eine Schule schon seit DDR-Zeit den Namen „Karl Marx“ trägt, solle die Vermutung vermieden werden, dass an das frühere unkritische unwissenschaftliche Verständnis angeknüpft werden soll. „Die Wahl des Schriftzuges aus DDR-Zeiten lässt die Befürchtung entstehen, dass diese Instrumentalisierung von Karl Marx für Marxisten nicht klar genug gebrochen wurde“, so die Beauftragte.

Medienberichten zufolge würden sich die Schüler kritisch mit Marx in Geschichte und Ethik auseinandersetzen. „Dazu wird ganz sicher auch die Erkenntnis gehören, dass Marx und Marxismus untauglich sind für eine demokratische Gesellschaft, die verschiedene Perspektiven zulässt und am Streit der Gedanken wächst“, so die Beauftragte. Viele, nicht alle, Ostdeutsche würden zwischen 1945 und 1989 mit Karl Marx staatliche Einschränkung der Gedankenfreiheit verbinden. „Und nun thront der rote Schriftzug wieder in Gardelegen“, beklagt Birgit Neumann-Becker.

Die Restaurierung des DDR-Schriftzuges war keineswegs von der Schule selbst ausgegangen. Der ehemalige Kultusminister von Sachsen-Anhalt, Karl-Heinz Reck (SPD), hatte den Schriftzug im Jahr 2013 für 198 Euro ersteigert. Er ließ die Metallbuchstaben entrosten und aufarbeiten und stellte ihn zunächst zwei Jahre lang in seinem Vorgarten auf. Den Nachbarn soll es gefallen haben. „Es gibt inzwischen eine sehr positive Grundhaltung zu Karl Marx“, erzählte Reck am Sonnabend. Der Ex-Minister hatte den Schriftzug nun der Schule gestiftet.

„Wir müssen die Balance schaffen, zu unterscheiden, was Karl Marx erkannt und aufgeschrieben hat, und dem, was die DDR daraus gemacht hat“, reagiert Schulleiterin Solveig Lamontain auf die Stellungnahme Neumann-Beckers.

Verwundert zeigt sich auch Gardelegens Bürgermeisterin Mandy Zepig (SPD). Die Gesamtkonferenz der Schule habe sich im Zuge des Schulneubaus kritisch mit dem Thema auseinandergesetzt und dann entschieden, dass die Schule weiter den Namen Karl Marx trägt. „Was im Namen eines Menschen gemacht wird, der schon tot ist, kann derjenige nicht mehr beeinflussen“, so Zepig.

Sie dankte Neumann-Beckers für das Gesprächsangebot. „Dazu bin ich gerne bereit“, betonte Zepig.