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Kenia-Koalition Grüner sorgt in Koalition für Ärger

Sebastian Striegel (Grüne) ist für viele in Sachsen-Anhalts Koalition ein rotes Tuch. Ein AfD-Antrag bringt die Abgeordneten in Probleme.

22.11.2017, 23:01

Magdeburg l Es kommt im Landtag nicht besonders häufig vor, dass einzelnen Abgeordneten ein ganzer Tagesordnungspunkt gewidmet wird. Doch am Donnerstagabend ist das anders. Im Blickpunkt bei Thema Nummer 17: Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Sebastian Striegel. Die AfD will eine umstrittene Rede Striegels missbilligen und ihn an den Pranger stellen.

Das Manöver der Rechtspopulisten ist durchsichtig – und doch legt die AfD erneut den Finger in die Wunde der Kenia-Koalition. Denn Striegel genießt bei den Partnern CDU und SPD keinen guten Leumund. Die Spitze des Eisbergs war Ende Oktober erreicht, als Striegel im Parlament die umstrittene Besetzung eines Hauses in Halle durch linke Aktivisten verteidigte. „Es gilt ausdrücklich auch für Demokratien und Rechtsstaaten, dass es Punkte gibt, in denen auch nicht legale Tätigkeiten legitim sein können“, hatte er damals erklärt. Die CDU schäumte.

Der Ärger ist bis heute nicht verflogen. Viele Christdemokraten werten Striegels Auftritt als Aufruf zum Rechtsbruch. „Als rechtspolitischer Sprecher kann man so etwas nicht sagen“, meint Markus Kurze. Ähnliche Töne schlägt die SPD an. „Wir teilen das nicht und sind über diese Rede verstört. Das bekommt er von mir deutlich ins Stammbuch geschrieben“, sagt Rüdiger Erben.

Es ist nicht das erste Mal, dass es zwischen Kenia und Striegel knallt. Die CDU hat die Nase voll davon, dass der 36-Jährige „der Polizei permanent unterstellt, dass sie nicht richtig arbeitet. Dieses Misstrauen haben die Beamten nicht verdient“, sagt Kurze.

Außerdem stellt der Grünen-Abgeordnete mit Linken-Innenpolitikerin Henriette Quade regelmäßig gemeinsam Kleine Anfragen an die Landesregierung – vor allem zum Thema Rechtsextremismus. „Das ist reine Provokation“, kritisiert CDU-Vizefraktionschefin Eva Feußner diese Zusammenarbeit mit der Opposition. „Der Mann bringt mehr Unruhe in die Koalition als jeder andere.“ Man müsse sich auch mal zurücknehmen können, fordert Feußner.

Um ein Zeichen zu setzen und dem Unruhestifter einen Denkzettel zu verpassen, würden in der CDU nicht wenige gern dem AfD-Antrag zustimmen. Doch dann stünde man nach außen wieder zerstritten da. In den vergangenen Tagen haben die Spitzen der drei Fraktionen rege miteinander diskutiert. Der Kompromiss: Man lehnt den AfD-Antrag geschlossen ab, kritisiert die Rede Striegels im Plenum aber offen und befasst sich im Rechtsausschuss erneut damit.

Spurlos geht das an Sebastian Striegel nicht vorüber. Er spürt, dass Druck auf dem Kessel ist. Am Mittwoch versucht er, sich zu erklären. „Die Worte waren in der Kürze vielleicht etwas missverständlich. Das war aber kein Aufruf zum Rechtsbruch“, sagt er. Schon eher der Verweis auf „legitimen zivilen Ungehorsam in einer Ausnahmesituation, in dem Bewusstsein, dass man dann auch die Konsequenzen dafür tragen muss“. Striegel verweist auf die „politische Sozialisation“ der Grünen – ziviler Ungehorsam wie Sitzblockaden oder Videoaufnahmen, um Missstände in der Tierhaltung anzuprangern. In dieser Tradition ordnet er seine Worte ein.

„Ich kann nachvollziehen, dass das für die CDU schwer ist. Da treffen unterschiedliche Kulturen aufeinander“, sagt auch Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann. An ihrem Parteikollegen übt sie sehr moderat Kritik. „In der Hitze des Gefechts sind da vielleicht Wortgruppen aneinander gereiht worden, die mit etwas mehr Bedacht hätten gewählt werden können.“

Die CDU-Fraktion kommt am Donnerstagmorgen zu einer Sondersitzung zusammen, um die Linie der Koalition zu diskutieren. „Die Sache ist eine Last“, heißt es unter den Abgeordneten. Doch Fraktionschef Siegfried Borgwardt will, dass trotz des Ärgers niemand aus der Reihe tanzt und gemeinsam abgestimmt wird. Die Grünen nimmt er in die Pflicht. „Wir gehen davon aus, dass es dort nun einen Selbstklärungsprozess gibt.“