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Kenia-Koalition Streit um neues Schulgesetz eskaliert

Sachsen-Anhalt soll im Sommer 2018 ein neues Schulgesetz bekommen. Jetzt tritt SPD auf die Bremse, der Zeitplan steht auf der Kippe.

Von Alexander Walter 21.03.2018, 00:01

Magdeburg l Für den Privatschulverband (VdP) kam die Nachricht wie ein Schock: „Das ist ein Schlag in die Magengrube“, sagte Verbandschef Jürgen Banse am Dienstagnachmittag. Banse hatte gerade eine Mitteilung der SPD-Landtagsfraktion gelesen, Überschrift: „Kein Zeitdruck bei der Beratung zum Schulgesetz.“

Seit Monaten sehnen die Schulen in Freier Trägerschaft die Novelle herbei. Zentrale Forderung: Zumindest übergangsweise eine bessere Finanzausstattung für die Einrichtungen mit landesweit mehr als 25.000 Schülern. Rechtsgutachten hatten festgestellt: Das Land stellt den Freien zu geringe Zuschüsse zur Verfügung, obwohl diese ihnen verfassungsmäßig zustehen. Nach Angaben des VdP erhielten die Freien zuletzt je Schüler nur 58 Prozent der Pro-Kopf-Ausgaben an staatlichen Schulen.

Die Träger seien am Limit, bekräftige Banse am Dienstagnachmittag. Die Kenia-Koalition hat sich deshalb grundsätzlich auf eine Neuregelung der Finanzausstattung für die Freien geeinigt. Auch die Überbrückungshilfe schien bereits in Sack und Tüten. Rund 23 Millionen Euro zusätzlich sollten die Freien ab Sommer erhalten.

Seit 20. März 2018 ist, fraglich, ob es so kommt: Nach einer Klausurtagung im altmärkischen Osterburg sieht die SPD erheblichen Klärungsbedarf. „Zur möglichen Erhöhung der staatlichen Mittel für die Ersatzschulen fehlt eine belastbare Bedarfseinschätzung“, sagte Fraktionschefin Katja Pähle. Das Bildungsministerium habe benötigte Zahlen nicht zugeliefert. Und die Finanzhilfen für die Freien seien nicht der einzige diskussionswürdige Punkt. Die Zukunft der Inklusion, die Festschreibung der Schulsozialarbeit als Landesaufgabe, das Ziel der Abschaffung des Schulschwänzerarrestes – all dies müsse gründlich erörtert werden. „Dafür sehe ich keinerlei Zeitdruck“, sagte Pähle.

Der Zeitplan fürs Schulgesetz gerät damit ins Wanken: Eigentlich sollte der Gesetzvorschlag am Freitag abschließend im Bildungsausschuss diskutiert werden, dazu wird es nun kaum kommen. Teilnehmer berichten, in einer CDU-Fraktionssitzung am Dienstagnachmittag sorgte die Mitteilung der SPD für Empörung. „Ich habe das mit Verwunderung aufgenommen“, sagte CDU-Bildungsexpertin Angela Gorr danach. Umso mehr, als genau die fraglichen Punkte am Mittwoch (21. März 2018) in einem Arbeitsgruppentreffen der Fraktionen geklärt werden sollten.

„Ich bin zutiefst enttäuscht über die Verzögerung“, sagte auch Bildungsminister Marco Tullner (CDU). Man sei seit Wochen in Gesprächen mit den Fraktionen und habe diesen zahlreiche Modelle zur Verfügung gestellt. Ein Schreiben aus der vergangenen Woche liegt der Volksstimme vor. Enthalten: mehrere Szenarien zum finanziellen Mehrbedarf der freien Schulen für 2018 und 2019.

Grünen-Bildungspolitiker Wolfgang Aldag bestätigte: „Das Bildungsministerium hat Zahlen zum Bedarf der Ersatzschulen zugeliefert.“ Wie sehr die SPD auf die Bremse getreten sei, habe auch ihn überrascht. Es sei zwar richtig, strittige Punkte zu diskutieren. „Aber auch wir wollen, dass das Gesetz zum 1. August in Kraft treten kann.“

Was also steht hinter dem Vorstoß? Aus CDU-Kreisen hieß es: Hintergrund könnte die Debatte über die ebenfalls anstehende Neuregelung des Kinderförderungsgesetzes sein. Mit dem Vorschlag, der Kita-Beitragsfreiheit ab dem zweiten Kind etwa findet Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) beim Partner CDU bislang kein Gehör. „Vielleicht will die SPD hier Druck aufbauen“, mutmaßt ein CDU-Mann.

Die SPD wies das zurück, es gehe um Inhalte. Beispiel: Die Modelle des Bildungsministeriums zum Bedarf der Privatschulen. Diese beinhalteten nur bekannte Rechenmodelle, aber keine Bedarfsprüfung, sagte Pähle.