1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Mit Schnuller ins Kino

Kinderbetreuung Mit Schnuller ins Kino

Ton leise, Licht an: Manche Kinos bieten ab und zu Vorstellungen extra für Eltern mit Babys an - seit einem Jahr auch das Haus in Burg.

Von Elisa Sowieja 02.05.2017, 01:01

Burg l Karl erforscht seine Sessellehne. Den kirschroten Kinostuhl findet er gerade viel spannender als das, was auf der Leinwand passiert. Das spricht aber nicht gegen den Streifen. Karl hat von Filmen schlicht keinen Schimmer, er ist erst zehn Monate alt. Seine Mama hat ihn heute Vormittag mit zum Schnullerkino genommen. Da kommen Eltern mit Babys und Kleinkindern ins Burg Theater und gucken einen Film bei leisem Ton – damit die Kleinen schlafen können – und gedimmtem Licht – so dass man sie im Auge hat, falls sie lieber herumkrabbeln.

Es ist heute das dritte Mal, dass in Burg Schnullerkino auf dem Programm steht, Premiere war vor knapp einem Jahr. Die Idee ist nicht neu: In Dresden gibt‘s so etwas schon seit 2005. Und der Magdeburger Moritzhof empfängt Nuckelträger seit rund sieben Jahren, dort heißt das Ganze Kinderwagenkino und läuft jeden Dienstag. Die Burger haben allerdings einen Luxus, auf den die anderen verzichten müssen: Betreuer im Foyer. Wer möchte, kann seine Kleinen während des Films bei ihnen lassen.

Sie kommen aus dem soziokulturellen Zentrum eine Straße weiter und helfen ehrenamtlich. Zum Beispiel Jutta Borchardt, 70 Jahre alt. „Ich war früher Erzieherin, und zu Hause ist es mir zu langweilig“, erzählt die Rentnerin, während ein blonder Fratz munter auf ihrem Schoß wippt. Neben ihrem Stuhl wuseln die anderen auf organgefarbenen Matten zwischen Bällen, Rasseln und Bilderbüchern umher.

Sechs Freiwillige sind zum Aufpassen ins Kino gekommen – für ein Grüppchen von sieben Kindern. Klasse für die Kleinen. Das Haus macht mit den paar Tickets für die Eltern allerdings keine großen Umsätze. Die stehen hier aber auch nicht im Vordergrund, erklärt Kinochefin Claudia Meißner. „Wir wollen Kultur auch für Randgruppen anbieten – so wie frischgebackene Mamis, für die es schwierig ist, ins Kino zu gehen.“ Denn das Haus wird von einem gemeinnützigen Verein namens Weitblick betrieben. Am Laufen halten es neben der Chefin mehr als 30 Ehrenamtler.

Über die Leinwand flimmert diesmal „Babys“ – eine Dokumentation über Säuglinge auf verschiedenen Kontinenten. Die Muttis haben sich auf zwei Tische im Barbereich verteilt, während sich die meisten ihrer Babys draußen bespaßen lassen. Bei Popcorn und Waldmeisterbrause witzeln die Damen je nach Großaufnahme über Milchpumpen („Ich schaff‘ mehr!“) oder die eigene Vorliebe für Desinfektionsmittel. Das hier ist für die Kleine und mich mal eine schöne Abwechslung“, erzählt eine Mama, als sie zwischendurch im Foyer nach ihrem Mädchen schaut. Und der Film? „Och, was läuft, ist mir eigentlich egal.“