Bis 2020 gehen Tausende pädagogische Fachkräfte in den Ruhestand Kita-Erzieher könnten bald Mangelware sein
Magdeburg. Den privaten und kommunalen Betreibern von Krippen, Kindergärten und Horten in Sachsen-Anhalt droht ein Fachkräftemangel. In den nächsten fünf Jahren gehen rund 1000 Kita-Erzieher in den Ruhestand, bis 2020 werden es sogar mehr als 3000 sein, prognostiziert das Landesamt für Statistik. Viele der heute im Berufsleben stehenden Kita-Erzieher wurden demnach in den 1950er und 1960er Jahren geboren. Ein Viertel aller rund 14000 Kita-Beschäftigten verlässt bis 2020 mit Erreichen des Rentenalters die Einrichtungen, viele arbeiten bereits in Teilzeit.
Das ergab eine kleine Anfrage der Abgeordneten Monika Hohmann (Die Linke) an die Landesregierung. Noch ist der Anteil der Kinder, die im Land eine Kindertageseinrichtung besuchen, im bundesweiten Vergleich sehr hoch. Man geht jedoch davon aus, dass die Zahl der Kinder im Kita-Alter bis 2025 dramatisch einbricht - um 44,5 Prozent im Krippenbereich, um rund 30 Prozent in den Kindergärten und um 15 Prozent in den Horten. Der Personalbedarf in den Kitas sinke dementsprechend, so das Sozialministerium.
Um die scheidenden Ruheständler vollständig durch hierzulande ausgebildete Erzieher ersetzen zu können, will das Land die Ausbildungskapazitäten und den Fachkräftebegriff erweitern. Der Haken: Im Ministerium arbeitet man gerade mit Hochdruck an einer Neuauflage des Kinderförderungsgesetzes (KiFoeG). CDU und SPD haben bereits im Koalitionsvertrag vereinbart, dass sie dort wieder einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung für alle Kinder hineinschreiben wollen. Erzieher und Elternvertreter forderten im Juni während der von Sozialminister Norbert Bischoff (SPD) initiierten "Dialog Kita"-Diskussionsforen außerdem, Stunden für Vor- und Nachbereitung, Weiterbildung sowie einen besseren Betreuungsschlüssel aufzunehmen. Ob es diese Forderungen angesichts knapper Finanzen ins Gesetz schaffen, lässt Bischoffs Sprecher Holger Paech auf Nachfrage offen. "Es muss einen Zuwachs an Personal in den Kitas geben", sagt aber auch er. Die Zahlen sind ein konkretes Beispiel für den zu erwartenden Fachkräftemangel, ist die SPD-Abgeordnete Corinna Reinecke überzeugt. "Angesichts dessen werden wir zwar überlegen müssen, wie, aber nicht ob wir den Ganztagsanspruch für die Kinder umsetzen", sagt sie.
"Wir müssen Bezahlung und Arbeitsalltag der Erzieher attraktiver gestalten und auch Männer dafür gewinnen", erklärt Peter Rotter (CDU). Die Qualität in der Kinderbetreuung dürfe durch den Fachkräftemangel in keinem Fall sinken. "Ich bezweifle, dass die Ausbildungskapazitäten in Sachsen-Anhalt reichen", sagt Cornelia Lüddemann (B\'90/Grüne). Sie weist darauf hin, dass auch die anderen Bundesländer händerringend pädagogische Fachkräfte suchen und zum Teil bessere Arbeitsbedingungen und mehr Gehalt bieten. "Um das abzufedern, brauchen wir Seiteneinsteiger aus anderen pädagogischen Fachrichtungen", fordert Monika Hohmann (Die Linke).
"So oder so - Arbeitgeber für die Erzieher sind die Kommunen und Freien Träger vor Ort", sagt Holger Paech. Sie müssten handeln, wenn ihnen Personal fehle.