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KiföG Krach in der Koalition

Sachsen-Anhalts SPD-Sozialministerin hat Eckdaten für ein neues Kinderförderungsgesetz vorgelegt. Und erntet jetzt viel Kritik.

Von Alexander Walter 11.08.2017, 01:01

Magdeburg l Der von Sozialministerin Grimm-Benne vorgelegte Entwurf sieht Entlastungen für Eltern, Gemeinden und Erzieher vor: So sollen Eltern mit mehreren Kindern nur noch für das älteste Kind Kita-Beiträge zahlen. „Die Geschwister wollen wir ab dem 1. August 2018 beitragsfrei stellen“, sagte Grimm-Benne am Donnerstag in Magdeburg. Familien mit zwei Kindern könnten so mehr als 2000 Euro jährlich sparen.

Um Krankheitstage aufzufangen, will die Ministerin den Personalschlüssel in Kitas anheben. Rund 500 Erzieherinnen zusätzlich könnten eingestellt werden, sagte sie. Zudem will die Ministerin Städte und Gemeinden entlasten. Weil Kinder im Schnitt länger betreut würden als angenommen, sollen die Kommunen höhere Pauschalen je betreutem Kind vom Land erhalten. Alles in allem würden durch die Neuregelung Mehrkosten von 38 Millionen Euro im Jahr 2018 sowie 65 Millionen Euro im Jahr 2019 zukommen. Derzeit gibt das Land jährlich 300 Millionen Euro für die Kita-Betreuung aus.

Der Alleingang der Ministerin sorgt für heftigen Krach in der schwarz-rot-grünen Koalition. Nach Volksstimme-Informationen war Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) höchst verärgert. Bei den Koalitionspartnern CDU und Grünen gehe jetzt das Visier herunter, so der Regierungschef. Zu hören ist, dass er intern vor einem „Waterloo“und einem „Knall“ in der Koalition gewarnt hat.

CDU-Generalsekretär Sven Schulze warf der Ministerin im Volksstimme-Interview „ganz schlechten Stil“ vor. Das Thema werde für die SPD zum „Rohrkrepierer“. Das Koalitionsklima sei belastet, sagte er. Ein Sprecher des CDU-geführten Finanzministeriums sagte, der Vorstoß der Ministerin sei weder in der Koalition noch in der Landesregierung abgestimmt. Für die ins Spiel gebrachten zusätzlichen Standards bei der Kinderförderung habe der Haushalts-Gesetzgeber für das nächste Jahr „keinerlei Vorsorge getroffen“.

Auch die Grünen sprachen von „unabgestimmten Eckpunkten“. Fraktionschefin Cornelia Lüddemann sagte, der Entwurf greife zu kurz. Sie plädierte für „Genauigkeit und Beteiligung statt Geschwindigkeit“. Die CDU-Fraktion reagierte verschnupft. Tobias Krull sagte: „Der Zeitpunkt lässt vermuten, dass es mit Blick auf die Bundestagswahl dem SPD-geführten Ministerium möglicherweise darauf ankam, beim Bürger zu punkten. Mit uns wird es kein neues Kinderförderungsgesetz ohne eine verlässliche Daten- und Rechtsbasis geben.“ Kritik kam auch von den kommunalen Spitzenverbänden.

Der SPD-Landesvorsitzende Burkhard Lischka sagte: „Wir wollen das Gesetz nicht mit der Brechstange durchsetzen.“ Zugleich betonte er: „Mir ist ein Koalitionskrach über eine bessere Unterrichtsversorgung und eine gute Kinderbetreuung lieber als Debatten über Gartenfeuer, Seilbahnen im Harz und Hamster.“