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Kommunalwahl Junge Sachsen-Anhalter und die Politik

Klima-Demos und Zulauf in den Parteien - rund 80.000 Erstwähle dürfen in Sachsen-Anhalt ihre Stimme abgeben und zeigen, was dahinter steckt.

06.05.2019, 12:32

Magdeburg/Halle (dpa) l Die Aufmerksamkeit ist den jungen Klimastreikenden sicher. Seit Monaten wird auch in Sachsen-Anhalt über die europaweiten "Fridays for Future"-Demos diskutiert. In Deutschland ist eine Debatte über eine Steuer auf klimaschädliches Kohlendioxid entbrannt, um mehr für den Schutz des Planeten zu tun. Jeder zweite Deutsche glaubt einer Umfrage zufolge, dass neue einflussreiche Jugendbewegungen entstehen.

Doch reichen Aufmerksamkeit und aktive Jugendliche aus, um die Politik zu verändern? Diese Frage stellt sich nicht zuletzt, weil am 26. Mai 2019 neue Vertreter für die Kommunalparlamente und das Europäische Parlament gewählt werden. Mehr als 80.000 junge Sachsen-Anhalter dürfen nach Schätzungen der Kreiswahlleiter erstmals abstimmen.

Auf jeden Fall sorgen die aktuellen Entwicklungen für einen Zulauf bei den Jugendorganisationen der Parteien. Der SPD-Nachwuchs in Sachsen-Anhalt verzeichnet ihn ebenso wie die Grüne Jugend, die Jungen Liberalen oder die Schüler-Union.

Auch die Organisatoren der Klima-Demos in Sachsen-Anhalt suchten den Kontakt, sagt etwa die Landeschefin der Jusos, Franca Meye. Sie fragen nach Informationen zu Klima- und Umweltschutz, wollen wissen, wie sie am besten mit den Berufspolitikern in Kontakt treten können. Die Proteste gegen die EU-Urheberrechtsreform und die Sorge um eine Zensur des Internets durch automatische Uploadfilter habe den landesweit rund 700 Jusos ebenfalls neue Mitstreiter eingebracht.

"Wir haben die Hoffnung, dass sich mehr junge Menschen für Politik interessieren", sagt Meye. Selbst wenn die Jusos sauer darüber seien, dass die EU-Reform auch von SPD-Politikern letztlich durchgewunken wurde, zeige die Praxis immer wieder, dass Engagement sich auszahle.

Ähnliche Erfahrungen hat Samuel Sonderhoff, einer der Sprecher bei der Grünen Jugend, gemacht. Der relativ kleine Nachwuchsverband begrüßt ihm zufolge seit Monaten viele Interessenten und neue Mitglieder. Die meisten kämen wegen der Klimafrage. In Magdeburg und Halle sei der Grünen-Nachwuchs dank des Zulaufs wieder richtig aktiv. Der 19-Jährige hat den Eindruck, dass junge Stimmen langsam ernster genommen werden. "Aber es ist noch ein weiter Weg."

Dabei hänge auch viel von den Jugendlichen und jungen Erwachsenen selbst ab, findet Kai Krause. Der 23-Jährige ist seit zwei Jahren Chef der Jungen Liberalen (Julis) im Land. "Es ist superleicht, ein Transparent zu schreiben und auf Demos zu gehen, aber schwer, Interessen abzuwägen, Gesetze zu beachten und Kompromisse zu suchen", beschreibt er den Unterschied zwischen Klima-Demos und Parteiarbeit.

Letztere scheuten daher noch viele. Doch auch der FDP-Nachwuchs habe seit der Bundestagswahl mehr Zulauf. Krauses Mitstreiter setzten daher große Hoffnungen auf die anstehenden Kommunalwahlen. Jeder vierte der knapp 110 Julis trete für die FDP an, auch fern der Großstädte seien sie präsent. "Das bringt einen anderen Blick auf wichtige Fragen wie Bildung oder Mobilität in die Debatten", stellt der Juli-Vorsitzende fest. "Wie will ich junge Menschen im ländlichen Raum halten, wenn da keine jungen Menschen in den entscheidenden Gremien sitzen?"

"Junge Menschen müssen in die Parteien eintreten, um sie von innen zu verändern", sagt auch Till Tognino, der Chef der Schüler-Union. Der 18-Jährige ist selbst Erstwähler und diskutierte mit seinen Mitschülern zuletzt oft über Politik, vor allem die harte Haltung der CDU gegenüber den jungen Kritikern der EU-Urheberrechtsreform.

Mit dem Vorwurf, die jungen Demonstranten seien von den großen Internetkonzernen gesteuert, habe die Union falsch gelegen, sagt er. Die Partei habe durchaus ein Imageproblem in seiner Generation. "Viele Jugendliche haben schon den Eindruck, die älteren Herren in der CDU hören ihnen nicht zu." Das könne er zwar aus eigenem Erleben nicht bestätigen, aber trotzdem wünsche er sich, dass die Landespartei die Schüler-Union stärker einbindet – und bei Gelegenheit auch mal in der ersten Reihe öffentlich mitdiskutieren lässt.

Also klappt das mit dem Weltverbessern nur in einer Partei? Peter von Lampe ist davon nicht überzeugt. Der Schüler ist bei "Fridays for Future" in Halle aktiv, engagiert sich bei Greenpeace und dem Nachwuchs der Umweltschützer vom BUND. "Ich persönlich habe das Problem, dass mich keine der Parteien hundertprozentig überzeugt."

Seine Wahlentscheidung werde stark davon beeinflusst, welche Antworten die Parteien auf die Klimakrise hätten, erklärte Lampe. Er sei überzeugt, dass es mit den Jugendbewegungen weitergehen werde, aber ganz ohne Parteien gehe es nicht. "Natürlich machen sie die Politik, deswegen ist es wichtig, unter ihnen Verbündete zu haben.