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KonfrontationRektorin greift Rechnungsprüfer an

In scharfem Ton hat Magdeburgs Hochschul-Rektorin Anne Lequy einen der Chef-Prüfer des Landesrechnungshofs angegriffen.

Von Jens Schmidt 20.02.2018, 00:01

Magdeburg l Rektorin Anne Lequy lud gestern Journalisten zu sich an die Hochschule in Magdeburgs Breitscheidstraße. Um zu erklären, was am Wochenende hochgekommen war. Der Rechnungshof hatte schwere Fehler gerügt. Jahrelang waren Studiengebühren an zwei private Weiterbildungsträger geflossen. Rechtswidrig. Es geht um 1,5 Millionen Euro. Es geht auch um schlampige Verträge und fehlende Nebentätigkeits-Genehmigungen für Professoren, die zugleich für die Firmen arbeiteten.

Die Mängel wurden mittlerweile behoben, berichtet die Rektorin. „Ich kann entspannt berichten.“ Von einem „Sturm im Wasserglas“ spricht sie. Und lächelt dabei. Doch im Inneren sieht es offenbar anders aus. Vor gut drei Monaten, am 3. November, schickte sie einen Brief an den Rechnungshof, der es in sich hat. Das vertrauliche Schreiben liegt der Volksstimme vor. Dem Rechnungshof wirft sie eine „Diffamierung der Hochschule“ vor, dem Chef-Prüfer „erschreckende Unkenntnis“. Geradezu „unseriös“ seien seine Ausführungen, „schlicht falsch“ und „unverantwortlich“ seine Schlussfolgerungen. Und „anmaßend“ der Umstand, dass der Rechnungshof seine Prüfmitteilung in seinen Jahresbericht aufnimmt. Dann droht sie mit dem Staatsanwalt: „Sollte sie (die Prüfmitteilung - Anm.d.Red.) in der oben beschriebenen Form öffentlich gemacht werden, behalten wir uns allerdings weitere Schritte im Sinne des § 164 StGB vor.“

Gemeint ist Paragraf 164 des Strafgesetzbuches. Tatbestand: Falsche Verdächtigung.

Das Schreiben ist persönlich an einen der Chef-Prüfer gerichtet. An Dietmar Weihrich. Bis 2015 war der Grüne Landtagsabgeordneter, ehe er in den Senat des Rechnungshofs wechselte. Die ihn schätzen, nennen ihn standhaft; die ihn weniger mögen, nennen ihn rechthaberisch und verbohrt. Rechnungshofpräsident Kay Barthel steht zu seinem Mann. Und nicht nur er. Selbst Wissenschafts-Staatssekretär Jürgen Ude hält die Kritik der Prüfer für berechtigt.

Nun hat der Rechnungshof schon einiges zu hören bekommen, doch Lequys Ton schockt selbst die Hartgesottenen. „Der von Ihnen gewählte Duktus ist für mich bislang einmalig und ... als äußerst befremdlich anzusehen“, schreibt Präsident Barthel in einem ebenso vertraulichen Brief an die Rektorin. Von der Kritik hat er nichts zurückzunehmen.

Kenner der Wissenschafts-Szene erklären den Groll der Rektorin mit dem Hergang des Geschehens. Die umstrittenen Deals wurden vor ihrer Zeit gemacht - vom Vorgänger Andreas Geiger. Sie kam 2014. Im selben Jahr bekam das Wissenschaftsministerium Hinweise, dass da etwas schiefläuft. Das Ressort machte Druck. Lequy, die Neue, musste ausputzen. Und erntet nun schlechte Schlagzeilen.

Öffentlich verteidigt Lequy ihren Vorgänger. Vor zehn Jahren machte das Ministerium Dampf, die Hochschulen sollten in den lukrativen Weiterbildungsmarkt einsteigen. Doch Stellen und Gelder bekamen sie nicht. „Schizophren“, nennt die Rektorin das. Also wurden zwei Private aus Magdeburg beauftragt. Die Gesundheitsmanagement-Firma Eumedias und der Verein Pia (Gesellschaft für Prävention im Alter). Mittlerweile gibt es jährlich gut 1000 Studenten. Die Jahresgebühren liegen etwa bei 1750 bis 3500 Euro. Lange Zeit flossen Gelder direkt an die Anbieter und die Hochschule sah davon wenig. Seit 2015 fließen die Gebühren an die Hochschule und sie bezahlt daraus die Anbieter. Etwa 60 bis 80 Prozent gehen dafür drauf, schätzt Lequy. Einige Professoren arbeiten auch für die Firmen; bis zu acht Stunden pro Woche sind möglich. Doch zwei von ihnen hatten keine Nebenjob-Erlaubnis. Lequi beließ es bei einer Ermahnung. Einer der Firmenchefs ist zugleich auch Dekan. Der Rechnungshof sieht Interessenskonflikte, Lequy nicht. So lange die Professoren ihre Dienstpflichten nicht vernachlässigen, schreitet sie nicht ein. „Die Pionierzeit ist vorbei, jetzt haben wir Regeln.“

Ob die reichen? Und wie sieht es an anderen Hochschulen aus? Die Linke hat der Regierung einen langen Fragenkatalog geschickt.

Lesen Sie hier den Kommentar zum Thema von Jens Schmidt.